Frühstücksfigur!

Man kann nicht sagen, wonach man sucht. Es muss das Überraschende sein. Es muss eine eigene Form haben, eine eigene Sprache, Notwendigkeit. Umgekehrt formuliert: Es dürfen keine Bilder sein, die man schon oft gelesen hat. Nichts, was zu naheliegend ist.

Das hab ich gestern  von der S. Fischer-Lektorin Petra Gropp im Netz gefunden. Und, obwohl es ihr da natürlich um (noch) unbekannte Literatur geht, ist diese “Eingangsbedingung” genau das, was ich zur Zeit mit meinen aufgegriffenen Buntstiften bildgeberisch anstelle. Wie diese große, grüne, luftige  “Frühstücksfigur” da rechts mittig, die mir heute morgen gelungen/herausgerutscht ist:ebk-scan-150803-59fruehsKeine zwei Sekunden und in dieser wohlgerundeten, vertrauenserweckenden Form so nicht wiederholbar – das kann mich als vom Ergebnis selbst erstaunten Schöpfer doppelt begeistern. Da muß man rechtzeitig stoppen, um die kühne Anfangsidee zu erhalten – lediglich zwei Segmente hab ich wegen des optimalen optischen Gewichts ausgemalt – fertig. Über so einen Wurf bin ich immer sehr erstaunt, um nicht zu sagen glücklich. Schließlich hat man schon mehrere Jahrzehnte Seh-Erfahrung hinter sich, und daß etwas Unbekanntes auftaucht, gar unter dem eigenen Stift, ist unbeschreiblich, ist unwahrscheinlich.

Wenn Ihr nun denkt: «naja, ein bißchen Kritzeln und das dann so hochloben ist ja äächt leicht übertrieben.»

Doch jedoch mir geht es da anders: da ist plötzlich etwas, was ich noch nie so (harmonisch oder  spannend in Komposition und/oder Farbe) gesehen habe. Und beim unscheinbaren “BuntStiftMalen” etwas Neues zu finden, finde ich großartig. Denn das kann man ja dann weiter interpretieren. Als “Hauptdarsteller” eines künftigen Gemäldes zum Beispiel. Wie eine Formel, die existent wird und das Schaffen der Zukunft beeinflußt. ebk-scan-150803-59frstfgSo geht es mir seit Wochen- immer wieder erstaunt mich die Unvorhersagbarkeit nach dem “Umdrehen” der Farben und Helligkeiten. Hier noch ein Beispiel von vorgestern:ebk-scan-150802-55cDas Ganze morgens, kaum ist man aus dem Bett, zu machen, ist wichtig: es geschehe mit dem noch schläfrigen Körper und einer dementsprechend  zerebral noch nicht vollständig motorisch kontrollierten Hand. Die macht stattdessen körpereigene Erinnerungsbewegungen, nur mäßig beeinflußt vom erwachenden Hirn. Das wiederum ist wohl noch wiederkäuend mit den jüngsten Input beschäftigt und erzeugt mit der manuellen “Automatik” das Unbekannte.

“Jüngster Input” bei mir: eine gestern erlebte Vision  von organisch “gedrehten” Zelten für Flüchtlinge , die auf dunklen Wegen zu dieser Form beigetragen haben mag – eine neue Herausforderung für Architekten in diesen Zeiten. Denn: “Designer und Architekten setzen sich mittlerweile nicht mehr nur mit der Formsprache ihrer Produkte auseinander, wie bei Bobby Kolade oder Van Bo Le-Mentzel sind auch die gesellschaftlichen Hintergründe relevant geworden.” Anscheinend wird nun endlich das Thema Upcycling, Selbermachen und ein Überdenken der altehrwürdigen Vernichtungsgewohnheiten wahrgenommen. (Vernichtung = consumare)

Hier noch ein Zoom-In auf die beiden winzigen “Gestalten” unten rechts, die ich auch interessant finde in ihrer unzureichenden Zurechnungsfähigkeit:

ebk-scan-150803-59bIrgend eine Mutation aus Eiskufe, Fleischerhaken und Hieroglyph, zackigesInitialen, das rechte Sechzigerjahre Raumkäpselchen, Spinnenelefant auf drei Beinen dafür mit Rüssel ohne Ohren sind mir wert, ans schwarze Brett im Flur gepinnt zu werden – da kommt sicher die nächstgrößere Idee angeflogen irgendwann!

Darüberhinaus gefunden: Tensegrity: Stäbe und Seile machen einen Raum. Hier: Fotos

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Musik beim Schreiben heute:

Thomas Fehlmann: “Gute Luft”, flow publishing/BMG, 2010