Monthly Archives: September 2016

Berufsbezeichnung: Tangled Undergrowth Painter

Na, DA ist mir wieder mal was zugefallen:

Ich malte und fand es Gestrüpp!

Als übersehene Restmenge jenseits des kartesischen, doppelt buchgeführten, verappelten Lebens der Moderne, antipodisch auf der Rückseite der allgegenwärtig angestrebten Optimierungsvorgaben und VerselbStatistifizierung gelegen,  tut sich mir angesichts meiner stets  verändernden PinXoGraphien seit September der Begriff Gestrüpp auf, der auf mich malerisch/ wundersamerweise wie ein großer, attraktiver Wegweiser wirkt.

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Wie das kommt? Muß als Reaktion auf die allgemeinen Nachrichten zum (nicht nur technischen) Stand der Dinge liegen, die man so beim interessierten Surfen findet: “News” wie z.B. Clips satellitenbeäugter Aufklappdrohnen für die Aaschdash (= 12Hundert Euro), die mit dieser “Leine” auf Knopfdruck “nach hause finden“, den 25 Gigabyte Daten, die künftig pro Stunde Autofahrt anfallen werden, die feinjustierbare Fernauswertbarkeit, wenn meine Maus über ein Element am Bildschirm fährt , oder wenn üplötzlich “das Internet geschützt werden” soll (WTF??)

Sehr anregend, sich da vorzustellen, wie das bei den Großen ankäme, wenn plötzlich alle nur noch Gestrüpp hochladen, posten, verschicken und sich GPS-mäßig in einem solchen bewegen würden. Da wäre gaanz flugs wohl eine Gestrüpperkennungssoftware fällig harhar.

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Man malt ja immer Sehnsucht. Ich hier wohl die nach Ungesehen, Unvermessenen.

Ich male Gestrüpp, weil alles andere nur die halbe Wahrheit ist. So viele Selbstoptimierungsmöglichkeiten, immer mehr Apps und Anwender, und na – was ist denn de facto mit denen, so live und in echt, per Fußarbeit selbstbeobachtet im täglichen Leben? Nie dagewesenes Chaos herrscht – denn die persönlichen Vorlieben, Eigenheiten, Charakterzüge und Passionen, befreit von Eis und Schnee Konvention mischen-alles-auf.de

Und da hat Malerei (mal) nichts mit Realitätsflucht zu tun: es geht ums Interesse am Zustand der Kulisse.

»As she continues her practice, her work has continued to pure abstraction.«
steht bei wikipedia.org/wiki/Barbara_Kasten, ist bei mir irgendwie andersrum: ich entdecke in meinen fahrlässigsten Schmierern™ immer wieder etwas, das ich schon so oder sehr ähnlich gesehen habe, an unauffälligen Orten und unter merkwürdigen Beleuchtungen – und wenn es die Schatten zerknüllt- und zerkritzelter, verschwitzter Zettel in Einkaufskörbenstapel oder die feinen Fahr- Öl- und Schleifspuren auf einem Autohof sind. Denn eigentlich ist die umliegende Wirklichkeit™ Chef in Abstraktion.

Erstaunlich nur, daß ich zum “Erreichen des Gestrüpps” 360+ Blätter und über ein Jahr gebraucht habe.. denn es gibt da schon seit Jahren (fotografische) Vorboten:

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Wie man oben sieht: Gestrüpp ist nicht gleich Gestrüpp, wie ich neulich (2015) mal à propos KrimiCoverProjekt verlauten ließ. Und ohne diese kleinen gemalten Irritationen im Wilden wäre es ja nur: wild. Öde Action-Klischeemalerei, vom letzten Jahrhundert rübergepumpt. Aber ich will da mehr: die Hürde, die eingebauten Häkchen, kurz: die Brechung. Nur sie hilft, anzuhalten.

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..und da geht es ja auch viel weiter: ich will nicht nur ungezügelt wirkend wuchernde Flora, Anflüge von treibenden Seegras Segrad oder sturm/zerzauste, unbewachtete Böschungen –

Ich will das Prinzip “Gestrüpp”!

Das aber erst seit kurzem – seit ich das auch malen kann. Und erst anschließend bemerkt hab. Denn ein schneller Rückblick über die letzten sagen wir 30 Blätter ergibt: da ist etwas Neues in meiner pinxographischen Tätigkeit: alle hier versammelten Gestrüppe sind handverlesen und ich staune. Darüber, daß es da ein sehr feinjustiertes Gespür dafür gibt, ob ein Gestrüpp gelungen ist oder dann eben nicht zur Kategorie gehört. Diese beiden unten zum Beispiel markieren mir den Übergangsbereich:ntr-scanp-160601-352d-r3v2r ntr-scanp-160421-330b-recve

Ebenso diese, die ich aber nicht dazurechne – da ist zuviel Weltraum mit ‘bei:

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Aber die Richtung ist spürbar, zeichnet sich (logo) vor allem im Rückblick ab.

Na dann mal flugs zurück zum Frischentdeckten! Da liegen noch fünf Angefangene und warten..

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Musik beim Schreiben heute:

Combustible Edison: “The Impossible World”, Bungalow, 1998

Plastilina Mosh: “Aquamosh”, Capitol, 1998

Crash Test Dummies: “Give Yourself A Hand”, BMG, 1999

Antonín Dvořák: “Sinfonie Nr. 9 e-moll “Aus der Neuen Welt“, Staatskapelle Dresden/ James Levine

Guiliano Carmignola: “Vivaldi – Late Violin Concertos”, Sony, 2001

die Welt im Spiegel

Nicht die ganze, sondern grad mal knappe 10 %. Hab ich grad nachgemessen. Die “restliche” Welt liegt außerhalb, neben und hinter dem Spiegel. Und ergänzt und ergibt das neue Mannheim-auf-Postkarten-Motiv mit v.r.n.l.: NeckarNorduferBebauung, Collinicenter und Fernmeldeturm. Kennt jeder in Mannheim, nur nicht so direkt nebeneinander “aufgestellt”.Mannheim-Serie-04-2-10Aber jetzt: wo gibts diese alles erklärende Balustrade ? Mmh..  die vom Schloß (erste Rückmeldungen zur Karte) kanns nicht sein, denn von dort gesehen läge das Collinicenter knapp rechts von den anderen dreien – womit wir bei der Gewinnspielfrage plus heute wären – siehe unten.

Und somit ist sie vorgestellt: die erste Postkarte, – es ist mein einundfünfzigstes Motiv – bei der ich vom selbstgewählten Dogma der ersten neun Jahre  gleich zwiefach abweiche: zum ersten Mal nicht von öffentlichen Plätzen aufgenommen und dann  nicht nur Vorgefundenes fotografiert,  sondern auch noch nicht nur Mitgebrachtes, sondern gar geplant Aufgestelltes: meinen humble Garderobenspiegel nämlich (hier meine Skizze nach Erstbegehung zur Situationserfassung,  Visualisierung & Ideengewinnung ).

Dieser Spiegel mußte aufs Dach, damit ich mit seiner Hilfe endlich mal die Stadtaufstellung  “korrigieren” konnte.

Eine alte Idee, nicht nur von mir, entsprungen dem Unmut über die unfotogene “Aufstellung” der Stadt. Generell, himmelsrichtungstechnisch und gebäudemäßig untereinander. Das fällt jedem auf, der sich fotografisch längere Zeit mit Mannheim beschäftigt. Irgendwann wünscht man sich die Sonne von der anderen (unmöglichen) Seite, mal die Verrückung eines störenden Elements – meistens Architektur, oft aber auch Bäume und Sträucher, von Kabeln, Masten und “Werbebannern” mal ganz zu schweigen.

Ich hege gar den Verdacht, das ist in fast jeder Stadt so: die Stadtplanung vernachlässigt die Fotogenität – Skandal! ;-)   Zur Bestärkung dieses auf Anhieb merkwürdig anmutenden Unmutes fand ich dann ausgerechnet in der Wettbewerbs-Ausstellung zum Neubau der Kunsthalle Mannheim  im Portfolio des teilnehmenden spanischen Architekten Rafael Moneo den Satz: “Der Wiedererkennungswert eines Ortes ist fast so wichtig wie der Ort selber.” Könnte auch von einem Postkartenfotografen stammen, dachte ich mir beim Lesen (mehr dazu in einem entsprechenden Artikel  vom Mai 2013).

Kurz: das alles hier könnte viel fotogener platziert sein!

  • Prominenteste “Falschaufstellung”: das Schloß: geht strikt nach Norden raus, dieser Ehrenhof und damit hat man immer: Schatten. Auf jedem Schloßfoto also: ungleichmäßige Beleuchtung, die immer und immer das Bild der abzubildenden Symmetrie, der Standardvorgabe als “Kartograf” unterläuft und ein Gefühl des Nichterreichens erzeugt. Es sei denn, man erwischt in der blauen Stunde eine solch genial ebenmäßige “Un”beleuchtung wie Annette Schrimpf.
  • Prominenteste “Fantasieaufstellung”: das MVV-Plakat von Ralf Hackeland c/o pozzi.de – MANNHEIM ALS SPIELZEUGSTADT – das hat mir sehr gefallen und meinem Unterbewußten anscheinend ;-) ebenfalls.
  • mein derzeitiger Lieblingszukunftsstadtblick – nämlich der von oben, per Drohne aufgenommen: Philip Hoheisel steuert seine frühe-Vogel-Kamera knapp überm Lindenhof. Ob das allerdings ein Markt für klassische Postkarten werden kann, wird man  abwarten müssen. “Ansicht” gewiß, aber nachvollziehbar für die Lieben daheim? “Da unten stand ich frühmorgens an Gleis 1″? Oder als DigitalSouvenir tauglich, so mit “den besten Stellen angekreuzt“?

Und das mit dem Spiegel fand ich ausprobierenswert. Keine Fotomontage, sondern eine fotografierte “Montage”, die auf der immer unsichtbarer werdenden Grenze von “gemacht” und “das gibts so” versucht, ihren Platz zu finden. Denn klar weiß auch ich, daß fast “alles geht”, trotzdem bin ich noch gefühlt ewig davon weg, Euch in meiner Abteilung Postkarte, deren Authentizitätsdogma ich fast so ernst nehme wie die Jury des World Press Photo Awards ihre Arbeit hier irgendeine zusammengepusselte Stadtfantasie druckfertig zu präsentieren. Eher versuche ich, so modern wie (mir!) möglich zu sein-  will heißen: so gedankenlos und nur auf den SchauWert/Effekt bedacht wie mein .. bilderhungrigster anzunehmender User.. auf neue Ideen zu kommen.

Daß dabei die Gefahr besteht, daß ich irgendwann an das Klischee vom Ideal der allen gefallenden Karte herantreibe, kommt mir ob meiner eingefleischten, durchtrainierten und sehr gut funktionierenden Klischeeklingel – ich guck einfach zuviele Bilder – sehr unwahrscheinlich vor. Und außerdem habe ich ja Euch als Regulanz (Beispiel Axel S.:”Bääh – diese Karte sieht ja aus wie “offiziell”)!

Alla hopp: Monnemkenner vor! Gewinnt zehn mal ein 10er Set Mannheim-auf-Postkarten nach Wahl!

Wer bis zum 31. Oktober des Jahres an gewinnspiel[ät]mannheim-auf-postkarten.de den korrekten Namen des Mannheimer Gebäudes mailt, nimmt an der Verlosung unter Ausschluß des Rechtsweges dieser zehn Sets im praktischen, signierten Geschenkschuber teil. Kreuzworträtseltipp: dieses historische Gebäude hat einen aus 9 Buchstaben bestehenden Eigennamen.

Viel Glück!

Postskri. P. Tum: Und ob es nun die Frage ist, ob das denn nun Mannheim ist (pur, echt, typisch etc.), ob man das arrangieren darf, wem das denn gefallen mag..

Austesten! Ich bin damit glücklich!

Denn NATÜRLICH ist das Mannheim – a) wo sollen diese Silhouetten denn sonst sein – und b) das Arrangieren mit Spiegel find ich, öffnet Türen, macht wach für die unentdeckten Möglichkeiten der Stadt, könnte eine neue Sportart auf instagram werden, so wie zum Beispiel #asenseofperspective, #faces_in_things, #wersolchehaushaltshilfenhatetc oder das noch, äh, kleine #mirrorcity..

Weitere großartige, den Tellerand aufbohrende Spiegelei fand ich im Werk von Barbara Kasten *1936 und in der grandiose motion picture timelapse Version von Michael Shainblum (den schätze ich so *1986 ca.).

Mir auf jeden Fall bleibt außer den Karten ein unretuschierbares Souvenir der undigitalen Art en plus:

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Das hat nun nen doppelten Ehrenplatz: eine Windböe nämlich brachte den nur provisorisch mit Mineralwassersixpacks “senkrechtierten” Spiegel irgendwann zu einem langsamen, aber unerreichbaren Kippen. Da half: flugs ein Foto des Wurfs machen, die beiden großen Reststücke einpacken.. und glücklich sein, daß das Foto im Kasten war.

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Musik beim Schreiben heute:

Dinah Washington: “Destination Moon” (Soundtrack zu obigem #wersolchehaushaltshilfenhatetc-Link)

Stereolab: “Dots And Loops”, 1997, Duophonic

various artists: “Artificial Intelligence II”, WARP 1994

Just Jack: “Overtones” , Mercury, 2007

Donald Fagen: “Sunken Condos”, Reprise, 2012