Immer sehr angenehm, von Fotokollegen überraschend zu irgendwas Interessantem mitgeschleppt zu werden: auf der heute besuchten Outdoor-Fotoausstellung im Mannheimer Luisenpark die Schreib-Anregung: ein besonders großartiges Foto fesselt mich, weckt meine Bewunderung: Licht wie auf alten Ölgemälden von Tizian, Dramatik, Brutalität, Wunder der Naturfotografie, pure Kraft in Bildform gebracht: zwei Haifische schlingen sich (im wahrsten Sinne des Wortes) durch einen glitzernd sich windenden Fischschwarm. Die Idee: ich, wieder zuhause angekommen, konnte mir, wie vor Ort schon gelassen vermutet, den Namen des Fotografen nicht merken, mag nun das Bild und den Urheber mit folgendem Experiment im Netz finden – und das beschreiben:
Ich “zeichne” das Gesuchte aus dem Gedächtnis mit Adobe Photoshop nach, und werfe es Googles Bilderähnlichkeitssuche vor. PLUS beschreibender Tags. Die gehören zum Test dazu.
Ich starte, möglichst ähnlich des erinnerten Bildes mit einem quer liegenden Rechteck. Geschätzte Proportion: 454 zu 340 Pixel und der erinnerten “Wasser/Bildfarbe” 7a949c:
Dann nachbelichte und abwedle ich die groben Hell/Dunkel-Verteilungen:
der große Bogen ist besagter Schwarm, der helle und der dunkle Fleck unten links die beiden Haie. Ich lade es hoch & tagge mit “shark attack”, schlage als drittes Schlagwort “swarm” nach. Unter den damit gefundenen Bildern im Netz finde ich Ähnliches mit der treffenderen Bezeichnung “sardine school”, ein paar Bilderfunde weiter den Fachbegriff “bait ball “. Aber nichts Passendes.
Also verfeinere ich das Bild aus meinem Gedächtnis, füge die Umrisse der beiden Haifische und das Glitzern des Schwarms mit dem “Impressionistenpinsel” ein..
Dieses lade ich nun hoch mit den als treffender gefundenen Beschreibungen shark attack, sardine school, baitball
Resultat: zu wenige, aber immerhin ermutigende Ergebnisse. Ich entferne die Angriffe und die Haie zu sardine school bait ball.
Ah- jetzt sind wir auf der richtigen Spur!
Scrollen, scrollen, scrollen (Nachtrag vom 10.11. 2018, also vier Jahre später: den folgenden Abschnitt lass ich aus historischen Gründen so stehen – das Bild ist da nämlich verschwunden) Da! Acht Bildschirmseiten runter. Mitte. Ok, etwas grüner bei die Fische wäre der schnellere Weg gewesen: seht selbst auf http://agusbudiawan.wordpress.com/2012/03/28/focus-on-the-sstonishing-beauty-of-wildlife-photographs/ Da sind sogar noch sechs Bilder genau dieser Ausstellung mehr zu sehen. Und nicht mal die besten Und nicht mal legal ;-/
Legal wäre – ich lade den Fundort des Originals in der Google Bildersuche hoch und finde es (2018 auch hier nicht mehr) auf standard.co.uk. Da erfährt man auch den Namen des Fotografen dieses sardine run Dramas: Doug Perrine.
Und auch, was “aus dem Bild geworden ist”: Wildlife Photograph of the Year
PS.: Ich bringe beide Bilder zur Deckung, um den “Stand der Ermittlungen”, das heißt, die moderne technische Power, Ähnliches zu erkennen, aufzuzeigen:Das Rechteck rechts/oben: meine “Zeichnung”, das deutlich blauere Rechteck unten/links: das Gesuchte.
Fazit:
- moderne Suchmaschinen “erkennen” ähnliche Bilddateien zwar, aber genaue Deckung gibts da wohl nur werksseitig – da sind zu viele Bilder unterwegs im Netz, getagged jedoch finden sie freudig(?)-erschreckend schnell brauchbare “Verdächtige”.
- Ausschnitte werden als Ausschnitte erkannt (das finde ich nicht so selbstverständlich) und das größere Gesuchte gefunden/identifiziert, solange Suchbild und Gesuchtes sich zu einem großen Teil überdecken. Im Fall hier schätze ich, daß 70% der Flächen beider Bilder sich überlappen.
- Die Hell- und Dunkelverteilung und Farbgebung einer Bilddatei sind, zusammen mit den Bezeichnungen der Bilder, die von den Usern oder Kommentatoren angefügt werden, die Hauptkriterien, nach denen eine Suche Bild-nach-Bild erfolgreich sein kann. Wenn ich mein Bild mit der “richtigen” Farbe versehen und keinerlei Beschreibung angefügt hätte, wäre dieses Suchergebnis herausgekommen. Erstaunlich: die mühelose (da statistisch wohl klare) Zuordnung ins Maritime..
- Daß ich das Bild auf einem privaten Blog gefunden habe und NICHT auf einer offiziellen Seite, sei es auf der Fotografenseite selber oder auf einer der großen Verlags- oder Tageszeitungen, ist für mich symptomatisch für die Beschaffenheit des Internets des Jahres 2014: a) mit seiner Unverhinderbarkeit der Informationsverteilung, dem b) vollständigen Verbla(s)sen eines
Unrechtsbewußtseins, wer was hochladen darf und c) den verdienstreichen(?) Bloggern, die das mit dem Taggen ergo: Know-How-to-Gefundenwerden wohl besser drauf haben als die Fotografen. In diesem fischigen Fall ist der Fotograf ZU genau, denn sein Bild ist mit “bronze whalers, or copper sharks, Carcharhinus brachyurus, gulp mouthfuls of sardines, Sardinops sagax, as they charge through a baitball, showering fish scales and blood into the water, S . Africa do” getaggt. Und: wer bitte sucht denn – außer Fachmänner und Journalisten – mit auch nur einem dieser Begriffe?? Nochn Nachtrag: googelt man wiederum diese Beschreibung, landet man nicht chez Doug, sondern auf dieser Seite. Weil der Fotograf seine Beschreibung/Seite geändert hat. Ergo: was Wichtiges online sollte immer an derselben Stelle wiederzufinden sein.
- Bilderfinden, wenn es kein typisch deutsches Motiv ist, funktioniert auf englisch am besten. Und: durch Kenntnisnahme der Fundstückbezeichnungen kann man sich näher an die passenden Ausdrücke heranarbeiten.
- ..und bringt als Serendip des Tages den einen oder anderen kuriosen Fung:
- den Unterwasser-Jesus (“Für die Bronze wurden verschiedene Medaillen, Schiffselemente [Antriebsschrauben von U-Booten der US Navy] und Kirchenglocken eingeschmolzen”). Den kenn ich incognito seit fast 20 Jahren: vom Cover der CD “Empty” der Band “God Lives Underwater”. Jetzt kann ich endlich mal bequem nachlesen, wo der ist (ein ins Leere führender Link zur geschlossenen panoramio-Site) und wie da hingekommen. Auf der CD selbst: No Information. Noch nicht mal der Fotograf ist genannt – ich hab grad nachgesehen. Das waren Zeiten – da blieb Geheimnis Geheimnis harhar.
- und das Unterwasserbügeln – auch der Link ist obsolet, man kann aber den Satz hier in Klammern googeln und… ta-dah! (“50 boards beside the wreck of the Waikato awaiting their ironers”). Da kann man endlich mal erfrischend stupide Hausarbeit umorganisieren : erst im Aquarium (!) in nobler Gesellschaft plätten, dann trocknen
____________________________________________________________
Musik beim Updaten, Link-Checken & Nachtragschreiben am 10. November 2018:
Nightmares On Wax: “Smoker’s Delight”, Rough Trade, 1995