Category Archives: Stellt Euch mal vor..

das “Lektorat” als angemessene Antwort

Liebe Nachwuchsfotografen! Solange Ihr noch kein Studio Euer eigen nennen könnt, noch nicht allgemein bekannt und hoch bezahlt seid, werdet Ihr folgende Fotoanfragen von entfernteren, gerne selbsternannten Freunden kennen und jedes Mal aufs Neu um angemessene Beantwortung ringen:
Hättest Du Lust, uns mit Deinem geballten Fachwissen am 26.10. auf dem Konzert zu fotografieren?
Verwendung: Facebook – natürlich mit Herkunftsnachweis.
Geld: haben wir keins, aber Du kriegst ein Essen (im Salon)
Würde mich sehr freuen! Und Du darfst auch im Salon ein Werbefeuerwerk abfackeln, wie Du willst dann.

Anstatt nun stumm-anklagend mit Bildern zu antworten, unter Bedenken zuzusagen oder mit den großen grundlegenden Antworten zu langweilen, daß Fotografieren = Arbeit , Aufwand und Lebenszeit, das Einbringen von Erfahrung, ein gutes Foto Gold wert ist etc. etc. habe ich ein “Lektorat” entworfen, das in realsatirischer Form zeigt, wo es denn hinnegehen soll:

man reagiert nicht als dankbarer/fassungsloser/beleidigter Fotograf, sondern als Verdeutlicher, ja, Coach:

Sehr geehrtere Herren!

Vielen Dank für Ihr Interesse an unserem Lektorat! Zu Ihrem eingesandten Textentwurf für eine  preiswerte Fotografenaquise ist klar zu konstatieren: bevor man diesen vermailt, kann man noch Einiges verbessern :

  • Professionelle Kulturverwerter machen mit den Kreativen/Fotografen, die sie im Blick haben, immer auf DU-und-Du, in einem fast verschwörerischen Tonfall. Etwa so: “Wir haben da ein super Ding. Wird voll der Knaller.” “Der Chor/die Band wird begeistert sein. Die wollten dich ja schon immer mal persönlich kennenlernen. Weißt Du eigentlich, daß da einige Deiner größten Fans mitsingen/dabei sind??” etc.
  • Sehr dankbar sind Fotografen, mit denen man einen kurzen persönlichen Kontakt vereinbart- wenn man diesen nicht sowieso schon pflegt- das suggeriert Ernsthaftigkeit und Seriosität. Je bekannter man selber schon ist als “Kulturmensch”, “Veranstalter”, Lokalpromi oder “Förderer”, desto besser die Wirkung eines solchen, meist ersten Treffens- wie kurz auch immer es sein mag! Unbedingt zu empfehlen!
  • “Verwendung: facebook” ist ok. Klingt so nach privat und unspektakulär. So lokal. Nur für uns. Und: macht/kennt ja jeder: n paar Handyknipsefotos hochladen.
  • “Autorennennung” klingt viel besser als “Herkunftsnachweis”. Direkter. Persönlicher. Journalistisch beschlagen. Nach Respekt, Urheber, Schöpfung. Dem Meister.
  • “Wir haben kein Geld”. Kann man zur Verbesserung mit leider unterstreichen.
    Wichtig: Es wird NIE etwas dafür geboten. Bezahlung ja sowieso keine, noch weniger aber “ein Essen” “eine Fahrt mit der Gondeletta” “ne Kinokarte”- damit wird nur auf ungute Weise ein Gegenwert suggeriert.

Viel besser: es wird nur zwischen den Zeilen versprochen: Coolness, Glanz, Glamour, eine Mitgliedskarte für die In-Crowd, für das gesamte Festival, alle Tourdaten.

Zur weiteren Vorgehensweise:

Wenn die Bilder dann im Sack und online sind, kann man in einer schulterklopfenden Folgemail , die in einem professionell sachlich gehaltenen Tonfall leichte Euphorie andeutet – von den begeisterten Reaktionen des Publikums, des Chors – die gemeinsamen Erfolge auflisten. Die meisten “teilnehmenden” Fotografen dieser Sorte, die ich da kennengelernt habe, begnügen sich dann schnell mit dem “Werbeeffekt” und lassen gut sein.
Großes Plus: Und man kann bis zur nächsten großen “Aktion” in freundschaftlicher Verbindung bleiben.
Ein richtig guter Trick ist: man stellt dem Fotografen eine Kamera (“Knipse”) zur Verfügung an diesem Abend. “Brauchst Dich nicht um die Technik zu kümmern- das besorgen ALLES wir”. Die nimmt man dann hinterher wieder mit. Und hat ALLE Bilder. Auch die, die ein Profi löschen würde. Und: der Fotograf kann nicht mal ohne richtig großen Aufwand und Zeugen beweisen, daß er diese Bilder auf Ihrer Kamera gemacht hat- er hat die Aufnahmen ja auch nicht mal gesehen!!
    • Wir freuen uns schon und werden dann ein Werbefeuerwerk abfackeln. Du kannst im großen Stil Deine mitgebrachten Bilder verkaufen. Der Wirt ist auch schon sehr interessiert. Bring mal lieber die doppelte geplante Menge mit!

 

Soweit meine Lektorenvorschläge.
Dann nennt man noch ne Latte Fotografen, die “da empfänglich wären”: zeigt also auf einschlägig bekannte Kollegen. Damit diese, sollten sie mit diesem “optimierten” Ultrazynismus tatsächlich beworfen werden, mal ordentlich die Weckerklingel schrillen hören. Oder eben stoisch ihr Ding weitermachen.
PS.: hab ich von nem Rechtsanwalt abgeschaut: man richtet eine e mail-Adresse namens “beratung@…” ein und gibt diese als Kontaktadresse an: “Anfragen unter”. Dann kann man testballonmäßig noch eine Beratungsgebühr fürs Lektorat berechnen, denn unter dieser Adresse handelt es sich ja nicht um eine Fotoanfrage sondern um eine Hilferuf zur ergebnisorienterteren Verhandlungskompetenz. ;-) demnächst mehr Sparringtipps von Eurem frischerfundnen
Chulch R. MacYavell 

Stutzig geworden? Zurecht!

Neues, merkwürdig schlecht gemachtes Bild ab heute aufm Soodlepoodle. Sag ich jetzt mal so. Oder eher:  eigentlich gut, dann aber digital verkorkst, das Ausgangsmaterial.

Liegt an den auf ersten Blick als gefakt erkennbaren Bildbestandteilen. Die auch noch, fast, um noch mehr als solche aufzufallen, doppelt vorhanden sind: ich meine den zwiefachen Vogelumriß, der nach Klick als knallig-ungewohntes Tapisseriemotiv wiedererscheint und, weiterklickend endlich am Menue angelangt, verschwunden ist und die “Originalwand” sichtbar wird (und man sich denken mag: “Was ist denn in den gefahren?”):

Denn SO im Originalzustand könnte man sich das ja gefallen lassen – als angemessener Start auf einer ernsthaften Foto-Webseite.. Warum im Startbild diese “Störungen” eingebaut sein müssen, plötzlich übersättigte Textilmuster auf dieser Webseite erscheinen, nun.. die Bananenscans und der Spieltrieb sind schuld. Und  eigentlich noch mehr: der Wille zur Irritation.

Am Anfang des Tages gabs nämlich lediglich den unschuldigen, armen Scan #3:

So weit, so obskur, denn “Nur wem extrem langweilig ist, der scannt Bananen” hör ich schon jemand sagen. Nun – um Schauspieler zu scannen, fehlt mir das Equipment ;-) .. Aber weiter: aus dem Ausschnitt unten links im Bild hab ich intuitiv ein “Muster” gemacht das heißt: bestimmt. Das ist ja das Tolle an der Digitalen Bildverarbeitung: sogar Werkzeuge für Künftiges kann man mit entsprechender Software selbermachen. Heute also Tapeten: gelb und irgendwie bananig-leopardig gefleckt sollte es sein. Die Funktion Muster erstellen c/o Photoshop ist eine Art selbstgemachte Kachel: die kann man dann automatisch eine vorgegebene Fläche füllen lassen.

Das sieht dann im Falle des gewählten Ausschnitts (obig schwarz umrandeten Vierecks) plötzlich aus wie ein Blick in eine leicht exotisch belegte Hähnchentiefkühltruhe:

Damit mit diesem – wie mit jedem- Muster etwas passendere Übergänge zwischen den Rändern entstehen, gibts die Kulturtechnik des “Stürzens” oder “Klappens”, die ich mal von einem Schreiner gelernt habe (die machen das nämlich beim Furnieren auch so): man stürzt in jede Himmelsrichtung jedes zweite und erhält ein größeres, harmonischeres da um Symmetrie erweitertes MusterBild:


Das Ergebnis läßt einen etwas starrigen Blick aufs Muster aufkommen, gewiß, und man versucht, nicht an präpubertäre Kaleidoskoperfahrungen oder Batik-Gewänder zu denken.

Apropos Kaleidoscop – das gibts auch in motion: die grandiose

Mirror City Timelapse von Michael Shainblum.

Doch weiter an der Schale: fahriges Radieren erfolgt, man bekommt den Vogel zu fassen, den man dann ordentlich ausschneidet- der zu Demonstrationszwecken  gewendete Rest der Bananentapete wird überraschenderweise zu sternennachtblauer Psychedelik, die uns heute mal zu Schulungs- und Veranschaulichungszwecken zwar ungebeten, doch sehr gelegen kommt.

Ein fremdartiges Tier mit zwei(!) plausiblen Augenstellungen entsteht- nur mit Radierer und fellig (!) eingestellten “Wischfinger“, ein wenig die von der Banane vorgegebenen Konturen nachziehen en detail et voilá:

Genau diesen Umriß hab ich dann ins Wandbild eingebaut- einmal reinmultipliziert als leicht verwitterte(s) Graffiti/Wandmaleria, einmal als Schatten, der sich von Farbe und Substanz möglichst nicht von den echten Schatten der Kamine unterscheiden sollte.. Bildbetrachter sollten so auf diese doch unwahrscheinliche Koinzidenz gestoßen werden. Und ordentlich stutzen.

Warum das jetzt so “gemacht” aussieht?  Nun: es ist a) die doch sehr “gemalte” Vogel-Form, die eher nach Kinderstift riecht als nach etwas ordentlich Ornitologischen. Und der Anstellwinkel der Beine ts ts.. Da hätte man entweder erst üben oder besser gleich als absichtlich erkennbar collagieren sollen:

Oder einbauen, den verkorksten Vogel-Schatten aber weglassen, dafür das Graffiti an eine prominentere Stelle gesetzt, die dann auch noch authentischer gewirkt hätte:
oder gar nochmal gespiegelt und rüber an den Kamin gerückt. Noch besser. Die mithilfe dieser Platzierung plausibel gemachte harte Kante- “erklärt” durch die Ecke zwischen Wand und angebauten Kamin – und dem “störenden” Schatten verstärkte ironischerweise den Eindruck der Authentizität :

Und ja hoppla- natürlich: jetzt wäre wieder Platz für den Schatten des “echten” Vogels. Warum den nicht an einer noch etwas prominenteren Stelle als anfänglich platzieren? So entsteht dann ein perfektes Spiegelbild mit einem dargestellten Dialog zwischen gemalt und echt:

Aber: will man das? Die Besucher so am digitalen Schnabel herumführen? Niemals!

Lieber mit etwas merkwürdig Riechenden stutzig machen, denn- es ist nicht alles Schein, was trügt ;-)

Und: die kleinen Scan- und Retuschefehler im “Originalbild” selbst kamen ja gar nicht zur Sprache..

PS.: noch mehr Stutz im aktuellen Blog-Headerbild: die Banane mit Pelzausläufen- Soodlepoodle auf dem Weg zum Kamel im Leopardenfell, dem Kamelopard

Hier als farbiger Nachtrag noch ein Hinweis zur Bauanleitung der doch recht schmucken Version des Vogel-PLUS-Hintergrundbildes, digital “gekreuzt” mit der Bananentapete: der Ebenen-Modus “Differenz” machts möglich. Ladet einfach die beiden Bilder direkt unter der “Hähnchentiefkühltruhe” mal in den Photoshop und experimentert (ich hab zur verbesserten räumlichen Darstellung noch schnell nen Schatten “untergeschoben”):

Könnte für meinen Geschmack glatt als Kimono-Stickerei-Vorlage durchgehen..

Fussel Gen

Eingewöhnungsschmerzen. So würde ich die negative Komponente beim Einarbeiten in die neusten Versionen meiner digitalen/medialen Werkstatt bezeichnen.

Denn ich schlag´ mich nun seit zwei Wochen – alles schön in Etappen, ich will mir ja den Spaß am Neuen nicht knicken – mit neuem PC-Equipment herum. Nicht nur, daß dieser längst fällige Sprung über vier bis acht (!) Versionen Software jeglicher Provenienz einem Kulturschock gleichkommt- alles fühlt sich anders an, ist woanders positioniert, Teller und Töpfe sind nicht mehr in Schränken, sondern in Projekt-Ordnern untergebracht.

Darüberhinaus kommt noch die berüchtigte Datenmigration dazu, die ich-ebenfalls old school- zu Fuß per Berge gebrannter Backup-CD-ROMs zu erledigen im Begriff stehe. Warum fällt mir dazu bloß immer das Bild eines Heizers im Eisenbahnbetrieb ein, der mit ner winzigen Schippe Kohlen auf Kohlen in den Kessel leiert?? Aber dieses – ich gebs zu: argwöhnische – Tasten ins Neuland hat auch unbestreitbar Gutes: das Gefühl, neu und so modern as can be zu sein.

Dann geschah es gar, daß ich als eigentlich “Technikferner” in so ne Art Abenteuerlaune geriet, mich an alte Werkzeuge erinnerte und dann meinen alten, schon vergilbten (!) Agfa Scanner, den ich softwaremäßig schon verloren glaubte, aus einer verschütteten Schicht aus irgendeinem Schrank hervorgrub. Nicht nur dessen Produktion, so erfuhr ich anschließend im Netz, gar der Support ist schon seit Jahren eingestellt!

Aber muß das denn immer gleich heißen: zum Müll damit? Nach dem Motto: “nutzlos ohne Treiber“? Muß es nicht, fand ich doch da ne Software, die, ich zitiere: “Hunderte von Kamera- & Scannertypen, äh, “unterstützt” Wow- die Wutz in Dosen! Doch Moment mal: “früher” mußte man von jedem Hersteller den Treiber a) kaufen und b) dann schön pflegen. Und nun soll das ALLES mit einer Software gehen?? Da kommt man sich im Rückblick doch leicht verkarscht vor..

Aber Schwamm drauf | wie auch immer | sei´s drum: man ist unerwartet und dadurch beglückt im Scanbetrieb & die Freude am neuen/alten Werk/Spielzeug gewinnt flugs die Oberhand. Und prompt öffneten sich lang zugeschobene Schubladen im Nebenzimmer. Papierbilder en masse und alte Digitalisierungen auf CD-ROM. Mit Scans von weiteren Fossilien: gebrauchtes Kohlepapier zum Beispiel:

Und damit natürlich eine unüberschaubare Masse Bilder aus der Zeit, bevor ich immer gleich hab digitalisieren lassen nach dem Duschen (i.e.: entwickeln) treten ans Tageslicht again. Das ist noch gar nicht so lange her: ich schätze bis vor zehn Jahren hab ich regelmäßig nur Papier und keine frisch beschriebenen CD-ROMs nach Hause getragen. Und: Ein schneller quick-and-dirty Scan bringt ja ganz andere ästhetische Sensationen fertig als das Abfotografieren, wie man hier unten sehen kann: das fühlt sich mächtig anders an als die Norm, irgendwie, als liege da eine Schicht Zeit auf/über dem Bild. Also direkt zwischen dem Foto und uns, den Betrachtern.

Man ist ja dieses Überscharfe, Reine schon so gewöhnt, daß also mich beim Anblick der ersten Versuche gar mannigfaltige “Anreize”, die frisch gescannten Dateien zu “verbessern”, heimsuchten. Nicht nur wie üblich Farbumfang oder Kontrast in den Schwitzkasten zu nehmen, sondern diese lang überwunden geglaubten unglaubliche Flecken, Streifen und Fusseln und Staubkörner, die großzügig beigesteuert werden von den Üblichen Verdächtigen Elektrostatik, Glasabschabung oder Finger- oder gar Kleberesteabdrücken: das Analoge im Digitalen Kanal. Guckt nur mal auf das “Lametta” überm Bach: echter, digitaler …Dreck!

Das alles erinnert mich in aller Jähigkeit an … APPs für iPhones! Hipstamatic! (..) Nachdem der mythische Kampf zur Erringung makelloser Fotos in aller Schärfe und Farbdeutlichkeit nun auch für den Amateur serienmäßig gewonnen ist, wird ja werkseitig nun wieder alles getan, “Leben” in Knipsbilder zu bringen: Sepia-, Störungsfilter, künstlich hineingerechnete Vignettierung und lokale Ausbleichung, Crossfärbungsalgorithmen….

Doch zurück zum Neuen: Ich mache mich mit dem intelligenten “Reparaturpinsel” vertraut. Intelligent ist dieser Pinsel insofern, als er “erkennt”, welche Flecken man aus seinem Bild gerne weghaben mag und welche Hemdstreifen oder Astgeflechte bleiben sollen. Erstaunliches geschieht, wenn man ein wenig herumgepinselt hat mit größeren oder kleinen Werkzeugspitzen und größeren oder weniger großen überstrichenen Flächen, bevor man den Maustaster wieder los und den Rechner loslegen läßt:

Die pinselige Intelligenz erzeugt, je nach Duktus und Größe sehr merkwürdige “Reparaturen”, der Pinsel gerät durch experimentellen Gebrauch in Verwirrung und mischt zusammen, was nicht zusammensoll- Nudelmutationen die zwischen künstlerischer Skulpturhaftigkeit und geschmolzenem Metallformen mäandern– ein neues Spielfeld!!

Das zu programmieren war bestimmt nicht einfach, aber wir stehen ja auch damit auf den Schultern von Riesen, schreiben ja auch schon das Jahr 50 nach der Erfindung der Mustererkennung. Überhaupt erstaunlich, wie diese technisch-mathematische Errungenschaft unser tägliches Leben bestimmt: nicht nur Gesichter- oder Sinn- und Worterkennen (“Meinten Sie..?”), das geht ja auch schon längst im 3-D Bereich weiter, wo Fabrikroboter erkennen gelernt haben, auf welcher Seite die Kegel liegen, die da auf dem Laufband heranfahren…

Außerdem, das ist mir auch neu, sind wir nun soweit: die Adobe-Software liefert nun genau das nach hause, was man immer den großen Datenkraken anheimstellt: das ungebetene Personenerkennen.

Nur diesmal im gesamten heimischen=internen Festplattenspeicheruniversum. Da werden (im Ordnermodus) plötzlich Gesichtsumrahmungsfenster sichtbar, wo vorher nichts als Bildnis war. Die fragen auch noch nach der Identität der/des Abgebildeten und öffnen dann Fenster, in denen man die Namen antaggen kann. Was eine Eingabearbeit!! Wohl dem also, der dann gleich seine gesamte virtuelle Arbeitsleistung in einer Schlagwortwolke betrachten kann wie der Gärtner nach getaner Beete-Anlage…

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Musik beim Schreiben heute: to rococo rot: “veiculo”, City Slang, 1997

Tito Puente/Perez Prado: “A Selection Of Mambo & Cha Cha”, TELMA, 1995various artists /Groove Armada: “Late Night Tales”, Coolport, 2008

Mick Hucknall: “Tribute To Bobby”, Simplyred, 2008

Jamiroquai: “Rock Dust Light Star”, Mercury, 2010

Chaka Khan: “I Feel For You”, Warner, 1984

Eins nach dem anderen- die Lösung des letzten Gewinnspiels

Bevor ich in den nächsten, wahrscheinlich kalten Osterfeiertagen das künftige Gewinnspiel hier aufbaue- eins nach dem anderen: die Auflösung des letzten Rästels. Eine Auflösung, die weitere Fragen nach sich zieht, genau wie das Leben selbst.

Meine Idee fürs letzte Gewinnspiel, anhand der Reingretchen Titelbilder die Lokation der Aufnahmeplätze nach Mannheim oder Ludwigshafen zu scheiden als Rätsel zu posten, war, ich hab es schnell am zähflüssigen Feedback gemerkt, überraschend schwer, bei manchen Bildern gar unmöglich: keiner der Teilnehmer hat alles erraten/gewußt.

Ich hab dafür was gelernt, eine unvermutet neue Erkenntnis mehr: ich schaue anscheinend deutlich woanders hin als Otto N. oder der Google-Street-“Fotograf”. Denn auf KEINEM der verlinkten Panoramio-Seiten gibts ein ähnliches Bild zu entdecken.. Für alle Wißbegierigen hab ich also, ta-dah! hier eine mit den Lösungen verlinkte Ansicht der 18 Fragen in Bilderform gepostet. Diese Lösungen sind, (keine Angst,) kein umständlicher “direkt-am-Rhein,-da-wo-die-Promenade-in-den-Fußweg-zum-Strandbadweg-übergeht-etc.” Text-Knäuel, sondern:
viel anschaulicher, und viel.. erschreckender: mit Bild, Zoom Möglichkeiten und: Geo-Daten in Längen- und Breitengraden! Denn genau diese, bis auf Minuten und Sekunden genau werden im Adressfeld immer mitgeändert/aktualisiert, wenn man per Mausfaust den Bildausschnitt verschiebt. So kann man, darin geübt, bei seinen nächsten Party Einladungen zwei Zahlen plus ° auf die Einladungen schreiben, Uhrzeit dazu- fertig. Internet hilft weiter. Wenn man das schick 2013® verschlüsselt tun will: die beiden Angaben als QR-Code präsentieren..

Hier also das zweite Kapitel “GretchenLeaks”: ich offenbare die Tatorte  😉 Wie man erahnen kann, ganz im Sinne meines “kleinen Postkarten-Dogmas”: alle von öffentlichen Plätzen und Wegen aus aufgenommen, über keinen Zaun geklettert und nicht von einem Dach herunter fotografiert.. Und doch werden all diese akribischen Angaben wieder erst nur dann zu “Lösungen”, wenn man sich selber in Bewegung dahin setzt- sieht man online doch fast nie das Motiv aus der Sicht, wie ich es aufgenommen habe. Somit ist die Lösung zwar deutlicher Hinweis, führt aber eher zum Ziel der Anregung zu einer Tour- It-Yourself-Aktion. Wie man aber vielleicht ebenso erstaunt wie ich sehen kann: äußerst unspektakuläre Plätze allesamt. Und der Zauber IMMER dem Licht an jenem Tag geschuldet.

Da ich das Lösungsbild selbst verlinkt hab, hier noch ein paar Bemerkungen: Das Programmieren dieses (eigentlich jedes) digitalen Bildes zur aktiven Fläche für Internetseiten macht mir den gleichen Spaß wie früher als Junge das Puzzeln oder Pappburgen nach Bastelbogen zusammenbauen: eine zwar kleinteilige, nicht jedoch allzu zehrende Aufgabe, wo für den Browser in HTML-Code kleine Eckpunkte im Bild, in Pixel von links (130, 290) und von oben (50, 165) gemessen, abgesteckt werden. Diese werden dann mit der gewünschten Seite mittels Tag, hier dem berühmten area href= klickbar gemacht. Hier eine kleine Grafik für die Definition dieses Feldes:

Die vier Zahlen geb ich, durch Kommas getrennt, in dieser Reihenfolge in den Quellcode ein. Und die Maus drüber wird aktiv. Diese genauen Zahlen auszuknobeln ist so ne Art Sudoku für Web-Programmerien-zu-Fuß. Oder was meint Ihr anderes, wenn Ihr das seht und versucht, die Zusammenhänge zu verstehen:

05 116 | 123 234 | 241 352 | 357 465 | 470 580 | 585 700

Genau: einfach abwechselnd die Differenz jeweils (ungefähr):   7   111   Das sind die Pixelabstände vom linken Spielfeldrand, an denen die senkrechten Ränder der einzelnen Covers der Lösungsbildcollage liegen. Nach ihnen setzte ich die Link-Bereiche. Genauso, wie man im Garten die gleichmäßige Beete-Aufteilung hinkriegt.

Warum ich hier über HTML schreibe? Nun, weil ich es faszinierend in seiner Stringenz finde, die für mich eine Art Schönheit darstellt. Und nicht nur, weil heute Google 4, 3 Millionen mal einen Eintrag bei der Eingabe von “code is poetry” findet. Auch, weil ich es wichtiger denn je finde, auf die Effekte jedweder Programmierung aufmerksam zu bleiben. Immer mit einem Zitat eines Elektronik-Dozenten der hiesigen Fachhoschule in mind, der einst, es muß Ende der Achtziger gewesen sein, den wahren Satz verlauten ließ: “Technik ist Materialisierung von Interessen.”

PS.: a Zitat, gefunden auf Eselsohren.at bei der Suche nach “Code Is Poetry”:

Eselsohren: And has it (“Code Is Poetry”)something to do with digital poetry?

Matt: Absolutely. At the time I was studying and reading a lot of T.S. Eliot and I was struck how a single line with just a few words could be packed with several allusions and meanings. As we wrote WordPress, I wanted every line of code to be short, sweet, and packed with meaning.

Nachtrag am 5. Jänner 2019: Panoramio is nicht mehr – siehe die Meldung beim beliebigen Klick auf das damalige Gewinnfeld. Ihr könnt aber das frisch Gelernte bei Google (Maps) ins Suchfeld eingeben: beim Bild #3 z. B. steht da als ins Leere gehender Link http://www.panoramio.com/map/#lt=49.510725&ln=8.450999 . Macht daraus einfach 49.510725,8.450999

__________________________________________________________________________ Musik beim Schreiben heute:

Till Brönner: “Oceana”, Bam Bam Music, 2006

Underworld: “Beaucoup Fish” V2 Records, 1999

Man liest vom Ende der Fotografie

“Man kann einer Fotografie nie mehr trauen. Sie gibt vor, an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit entstanden zu sein – doch das kann auch eine reine Erfindung sein.” Ein Zitat David Hockneys aus einem Interview mit dem Spiegel. Das liegt 7 Jahre zurück und ich beginne, mich näher heranzugooglen an dieses Thema. Unlängst nämlich lag das bereits 1979 erschienene, fotografie-kritische Buch Über Fotografie von Susan Sontag auf dem Tisch des Buchhändler meines Vertrauens. Bald darauf gehörte es zu meiner Bettlektüre. Die darin diskutierte Vorstellung vom Ende der Fotografie hat mich etwas befremdet: Bei diesen ganzen im Netz herumschwirrenden unvorstellbaren Mengen an Aufnahmen etwas komisch, dachte ich mir zuerst. Aber die Sichtweise zielt auf etwas, das mit dem ursprünglichen Funktionswert der Fotografie zu tun hat: mit der einst allein der Malerei eigenen -und jetzt diese ablösenden- Autorität, die Wirklichkeit darzustellen. Diese schwindet tatsächlich in ein bodenloses Nichts, bedenkt man es etwas näher: die Möglichkeiten, per Rechner und Bildbearbeitungs-Software in fast jedem erdenklichen Maße ins Bild selber einzugreifen ist schon in die Wohnungen der Normalos eingezogen. Und die dargestellte “Wirklichkeit” kann von jedem im eigenen Sinne beeinflusst werden. Und das gar, ohne bei der Herstellung des Bildes per Kamera dabei gewesen sein zu müssen. Postproduktion sag ich da bloß- von der serienreifenden Lichfeldfotografie erstmal gaaanz zu schweigen. Man liest ja auch von Werbekampagnen multinationaler Konzerne, die für neue Kampagnen aus den Portfolios von Postproduktions-studios auswählen, während die Sichtweise des eventuell in Frage kommenden Fotografen zur Herstellung des “Ausgangsmaterials” als sekundär gesehen würde… Das Wort Hochglanz und Branchenlevel als Geisel der bildbearbeitenden Menschheit.. Welch überraschend deutlichen Satz von Daniel Boschung zum Beispiel las ich neulich, sehr selbstkritisch -und ausgerechnet als Inhalt der (mittlerweile verschwundenen) Laudatio zum Jahrbuch-Award des bff.de: “..man sehe sich nur den Triumph der Künstlichkeit an, der in der Rubrik „Transportation“ herrscht“. Die fotografisch Kreativen sind sich offensichtlich in aller Deutlichkeit bewußt, wo sie sich gerade mit ihrer Tätigkeit bewegen.. Dazu noch einmal David Hockney: “Jetzt ist diese Kontrolle der Welt durch die Sehweise der Linsen und der Kameras ihrerseits ans Ende gekommen – weil sie von der digitalen Bildbearbeitung ad absurdum geführt wurde und die Sehnsucht aufkommt nach einer neuen Wahrhaftigkeit in den Bildern.” Es wird klar: die Fotografen sind sich dieses “irrealen” Aspekts ihrer Arbeit nicht nur wohl bewußt, ja, ich fand durch bloßes Herumsurfen andere Künstler, wie Keith Cottingham, der genau dieses Thema von der quasi gegenüberliegenden Seite angeht und so tut, als wäre die Fotografie reines Mittel zur totalen Erfindung: These are documents of no place, of no time, and of no body” heißt es sehr eindrücklich im Einführungstext zu seinem Werk “1999 history re-purposed” unter dem Tenor Can we ever know the truth of the past? Is there such a thing as scientific objectivity? Die Fotografen Peter Funch, Nicolas Dhervillers, Robert Overweg kümmern sich ebenfalls darum, jeder auf seine spezielle Weise- sie sind die ersten paar, die ich schon entdeckt habe. Und: es werden sicherlich nicht die letzten sein. Wann aber wird diese Einstellung zu fotografischen Bildern im allgemeinen Bewußtsein angekommen sein, frage ich mich angesichts dieser unaufhaltsamen Entwicklung, die Wahrnehmung, Kunst und technische Entwicklung da produzieren: daß man Bilder nicht mehr als Abbilder der Realität sieht, sondern als.. mh- keine Ahnung als was. Als bunte Variationen der Fantasie, als raffiniertes-Konstrukt-der-abbildbaren-Wirklichkeit-im-Baukastenprinzip, wie zum Beispiel die leuchtenden Bilder von Ruud Van Empel ?? Und wie wird sich dann der Blick auf die Welt per se ändern?? Die aktuelle Bilderschwemme ist noch zu nah dran an den Sehgewohnheiten- diese wiederum erzeugen weitere Ströme an Bildern, als daß man jedes Foto gleich als reine Ausgeburt der Künstlichkeit identifizöre..     Zur selben Zeit entdecke ich auch die verwirrenden Bilder der Pictorialisten– Fotografen, die Fotografie als Kunst anerkannt sehen wollten und um die Wende zum 19. Jahrhundert hin Fotos zu Bildwerken stilisierten. Diese geschah mithilfe des Labors, in dem der der Fotografie als abhold gesehene “künstlerische Touch”, die Aura des Unikats/Originals mithilfe von Entwicklungs- und Dunkelkammertechniken erreicht werden sollte. Zitat: «Für manche war das Negativ nur die Skizze, die erst im Ablauf von Entwicklung und Abzug zur Kunst wurde. » Das kam man hervorragend an den Bildern von Hugo Henneberg, Léonard Misonne oder Constant Puyo nachvollziehen, bei deren ersten Anblick es rätseln macht, was genau man denn da vor sich hat: die Werke wirken durchweg wie Gemälde auf mich- völlig durchkomponiert, wie man das auf Fotos heutzutage nur bei den Großen sieht. “Lustig,” dachte ich dabei: “da verschwindet jemand wieder durch die Tür, durch die er gekommen ist.” So schließt sich ein Kreis, in dem sich beim Ringen um Anerkennung Authentizität und Künstlichkeit in den Schwanz beißen.

Am Schluß bleiben hie wie da die Bilder, die ansprechen im Gedächtnis. Nur mit Wirklichkeit müssen sie nichts mehr zu tun haben, das ist das Neue in der Geschichte der Wahrnehmung.

PS.: zwei Bilder hier auf dieser Seite sind nicht durch den Photoshop gedreht. ______________________________________________________________

Musik beim Schreiben heute:

Beady Belle: “Closer”, Jazzland, 2005

David Byrne: “Music For The Knee Plays” ECM, 1985

Donald Fagen: “Morph The Cat”, Reprise 2006

Groove Armada: “Late Night Tales”, Late Night Tales, 2008

various artists: “The White Room”, Sony Music 2004

Alles ist real. Nothing is real..

Ich kauf mir, erst vorgestern, ein Buch über Museumsarchitektur. Eins mit vielen Fotos. Ich freu mich: dieser ganze großartige Bilderschatz – ab sofort und daheim jederzeit zu meiner Verfügung! Aber auch: eine neue Portion State-of-the-Art in meine Hütte. Und ein dicker Nachschlager, um eine von Menschen gestaltete Plätze und Innenräume enzyklopädisch wirkende Gedächtnisstütze im Regal zu haben. Das Verschwindenlassenkönnen der baulichen Stadtlangeweile an bestimmten Tagen, die sich quälend meiner Aufmerksamkeit bemächtigt, on demand gewissermassen.

Wow, denke ich die ersten 150 Seiten lang- was kann man alles machen, wenn der “Repräsentationsgedanke” den ökonomischen mal überholen darf. Dann fische ich mit den Augen nach Angaben des Architekten,  dann nach Baudatum. Noch mehr wow: da stehen Baudaten, drin, die in der Zukunft liegen (!) Ich blättere also in einem Buch, das ich (auch) als potentiellen Reiseführer zu “interessanten” Plätzen der Welt erstanden habe und muß lernen, daß es diese Plätze de facto noch gar nicht gibt.

Und tatsächlich erhasche ich, munter geworden, ab und an einen fotografischen Blick auf Baustellenzustände als winzige Randbilder, während das Große, Prächtige die eigentlichen Seiten füllt. Bei genauerem Hinsehen und jahrelanger Erfahrung als Photoshop-Betreiber fällt mir das Collagenhafte dieser Bilder erst irritierend, dann immer stärker ins Auge. Die Frage taucht auf, ob ich mir mit so einem Buch nicht genarrt vorkommen mag. Aber: Museumsarchitektur als Buch muß ja keineswegs Beispiele in der offline-welt aufweisen können. Es geht hier, das ist eindeutig, um Ideen. Die Darreichungsform Print  und die gerenderten Ergebnisse darin passen für mich nur konzeptionell nicht so recht zusammen. Unwillkürlich muß ich an komplett virtuelle Welten denken, an die Games World, an Achitektur Simulations Software, aber auch an solch faszinierende künstlerische (Gedanken)Weiterentwicklungen wie die des Fotografen Robert Overweg. Der klickt oder scrollt oder hackt sich in seinen Spielewelten bis zum “Rand” und macht dann ein Erinnerungsfoto..

Von noch mehr Bildern dieser realen Welt, die diese langsam zu überwuchern drohen, so erfahre ich von einem (leider vom Netz genommenen) Artikel bei frieze d/e, werden per Rechnerleistung, Mustererkennungsalgorithmen und Geodaten, die mittlerweile automatisch per Kamera zum Bild dazugespeichert werden, zusammengefügt. Das Resultat ist eine (noch) einzigartige neue Virtualisierung der Welt, die von miteinander Unbekannten Fotografen, Amateuren und Handyknipsern durch Freigabe als etwas neues Ganzes kreiert werden.

Bei dieser vormittäglichen Lektüre erwacht meine Faszination mit der Vorstellung, wie diese Welt wohl in der Zukunft erfahren werden wird. Und ich kann als Anregung mal wieder aus meinem Charakterschutz zitieren, da, wo er sich mit Kindern, ihrer Assimilation der virtuellen Welt (der GAMES) und ihrer (möglichen künftigen) Erfahrung der Welt beschäftigt:

“Auch hier spielt sich das wahre Leben ab, es sieht nur künstlich aus. Dabei ist es nur ein Schritt näher an der Verwirklichung uralter Menschheitsträume, und die sind rather konstant, würde ich mal so behaupten. Beispiel: Rapper virtualisieren sich. Werden den Kindern zu fernsteuerbaren Gutewichten. Und somit unsterblich, leben ihre digitalen Abdrücke doch das Leben der Kinder mit, werden zu Spielkumpanen. Zwar in ihrem Leben jetzt virtuell, dafür in deren zukünftigen Memoiren real.”