Category Archives: fotografie per se

Im Sonntag zuhaus

Herrlichstes Frühlingswetter heute- für mich das Inspirierendste an solchen Tagen, wenn alle Welt unterwegs ist, um die freien Tage zu feiern: zuhause sein, das sich durch die Wohnung drehende Sonnenlicht zu genießen. Die Stille im und ums Haus aufnehmen, das Fehlen einer zu erledigenden Werktäglichkeit als befreiend empfinden, innen und außen ordnen. Langsam sein. Entdecken. Entdecken, was sich als mitunter schon vor längerer Zeit als Fragment einer Inspiration in die vier Wände eingeschlichen hat. Wenn also solches Wetter ist wie hier links, wirkt das auf mich, wenn ich zuhause bleibe als lichte Inspiration, die meinen Tatendrang, die Vision von Frühling, das Gefühl von Neustart und Belebung nach innen umleitet. Im wahrsten Sinne: komme ich an solchen Tagen doch wieder auf Ideen zu Angefangenem oder gar in irgendeiner Schublade zwischengelagerten Projekten zurück, entdecke nebenbei neue Fotografen – durch mußevolles Blättern in meinem Fotobuchstapel, zum Beispiel die mysteriösen Bilder von Graciela Iturbide, über Begleittexte im vorderen Buchteil deren Lehrer, den Mexikaner Manuel Alvarez Bravo, ich bewundere die appetitanregenden Fotos von Deirdre Rooney in einem meiner wenigen Kochbücher, das ich bemerkenswerterweise einzig aus fotografischer Faszination angeschafft habe, im Internet durch gleichzeitiges beiläufiges Surfen gibts heute neu für mich den dazu recht konträr tätigen Gregory Crewdson. Ganz zum Schluß, bevor ich mich dem Schreiben dieses Beitrages widme, entdecke ich noch den Meisterplünderer, Angeber und Urheberrecht-Ignorant Anthony L., dessen blog dummerweise auch noch bildend wirkt, allein schon die Neugier, die beim Brausen seiner geklauten Bildervorräte entsteht! Na, mal sehen, wie lange es dauert, bis da jemand den Hahn zudreht ob so dreister Verklappung fremden geistigen Eigentums… Dann gibt es eine langsame Annäherung an ein erstes kleines –ta-dah!– Filmprojekt, wo ich letzten September mit einer kleinen geliehenen digitalen Kamera eine viertelstündige Sequenz ohne Schnitt aufgenommen habe und diese gerne mit klassisch anmutender Musik vertont sähe. Um da Inspiration zu bekommen, hilft es sicher, so stelle ich mir vor, den Film mehrmals ablaufen zu lassen- sich damit in Stimmung zu versetzen, Möglichkeiten zu erahnen oder durch schnelleren oder verzögerten Ablauf das Wesentliche herauszukitzeln zu versuchen. Dabei lasse ich diverse CDs laufen, um die Wirkung der jeweiligen Kombination Bild-Musik zu testen. Nachdem das alles ohne Instant-Ergebnis verlaufen ist- entspannt zurück in die Schublade damit. So was mache ich gerne und öfters: einen inspirativen Grundgedanken sacht aus der Versenkung zu nehmen, langsam zwischen den Fingern zu drehen und wirken lassen. Ich habe es mit Genuß und vollster Vorsätzlichkeit nicht eilig dabei- kleine gute Ideen werden ja nicht schlecht, und angefangene unvollständige immer besser bei jedem neuen Mal der Betrachtung. Wie man hier sehen kann, hab ich hier ein Bild meiner neues Postkarten-Kartographie-Seite nominiert, zwei Mal historisch, denn weder Motiv (im Vergriffen-Sein begriffen) noch Lokation (geschlossen) gibt es noch. Aber das Motto der neuen Seite lautet ja: the best of Bild-im-Bild gewinnt.. Immer erstaunlicher, das heißt: genauer werden auch meine Vorahnungen eines neuen großen Fotoprojektes, dessen konzeptionelle Möglichkeiten bei jeder fortlaufenden Betrachtung immer größere künstlerische Reichweiten, Interpretationsmöglichkeiten und Gestaltungsformen annehmen. Ohne -mir selber noch nicht klare- Details verraten zu wollen/können, fand dieses Projekt seinen initialen Zündfunken im Verschicken meiner letzten -und dabei ersten Schwarzwald-Postkarte. Die sandte ich einem ehemaligen Schulkameraden, der neben seinem forstwirtschaftlichen Beruf auch noch der Belletristik nahesteht. Das prompte, hocherfreute Feedback legte den Grundstein für eine neue Sicht meiner ganzen bisherigen fotografischen Arbeit. Mehr dazu demnächst an dieser Stelle, wenn das Kind einen Namen und einen Anflug von ersten Ergebnissen hat. Danach surfe ich auf der per Stadtrundfahrt (!) frisch entdeckten Rüdiger Krenkel Webseite und bekomme nach langer Pause Lust auf eine neue Making-Of Serie- mit Eisen, Kränen gar, rostbraungrauer Werkstatt-Atmosphäre, Schweißerfunken und organisch-mathematisch anmutenden Eisenobjekten.. Frühling 2011 Erwachende, kreative Frühlingsgefühle eben. Für diese Stille, in der diese neuen Starts wachsen, liebe ich solche Sonn(en)tage wie heute. Und ich fasse ob des schwindenden Licht des Tages den Plan, gleich morgen früh, wenn wieder allerorten Berufsverkehr stiebt, den Frühling mal anders aufzunehmen als wie immer bisher: am Nachmittag, so wie hier rechts. Sondern: Blüten im ersten Licht des Tages, mitten in der Stadt. __________________________________________________________________________ Musik beim Schreiben heute:

John Williams: “Minority Report” Original Score, Dreamworks (Universal), 2002

Paul Kalkbrenner: “Berlin Calling” Original Soundtrack, Bpitch Control (rough trade), 2008

Original Soundtrack: “Juno”, Rhino Entertainment 2007

Ron Goodwin and The Odense Symphony Orchestra: “The Miss Marple Films”, Label X Europe, 2000

200 Jahre zu spät!

1. Reisen bildet, sagt man. Ich habe herausgefunden, daß schon Fotografieren bildet. Mich in meinem Falle einfach dadurch, daß ich etwas als fotogen identifiziere, selbstredend flugs die Kamera draufhalte so anbei, und sich später oft Fragen einstellen, die weiterführen. Und zwar ganz woanders hin, weg vom nerdigen Fotografen-TechTalk zu so was Willkommeneren wie Geschichte, Biografien berühmter Zeitgenossen, künstlerische Techniken, Fragen der Geografie. Sprich: hin zu the funky Allgemeinbildung.

Im neuesten Postkartenfalle hab ich en route erfahren, daß zum Beispiel Napoleon Bonaparte die besten Maler beauftragte, seine größten Triumphe größtmöglich in Öl zu verwirklichen à la Tue Gutes und rahme es in den großen Salons zuhause in Paris schön ein. Mehr zu diesem speziellen Triumph auf Wikipedia. Trivia: Im Roman Krieg und Frieden liefert Lew Tolstoi eine ausführliche Schilderung eben dieser Schlacht. Wow- was da wieder mal zusammenhängt.. Oder, daß “In der früheren DDR Caspar David Friedrich nicht in vollem Umfang gewürdigt wurde, weil er sich “lediglich der Landschaftsmalerei verschrieben hatte” und sich seine Gemälde nicht für die sozialistische Ideologie mißbrauchen ließen”.

Oder ich ertappe mich dabei, Begriffe wie die Sepiamalerei nachzuschlagen, nachdem ich diesen verdunkelnden Effekt mal mit der Digitalen Hand nachvollziehe und dann per Wikipedia über diverse Künstlerbiografien darauf stoße. Auch eine Erwähnung wert, finde ich die “Meldung”, daß das Spätwerk William Turners einem Augenarzt nur mit einer Sehschwäche erklärbar schien- “Bemerkenswert an Liebreichs (besagter Arzt) Überlegungen ist der Umstand, dass Turners Malweise ihm so beispiellos erschien, dass eine Deutung nach rein künstlerischen Maßstäben hier offenbar nicht mehr in Frage kam.“- Da kann ich nur erstaunt anmerken: Holla, Ihr Maler- aufgepaßt! Das ist alles wunderbar anregend, um nicht den Begriff fruchtbar zu verwenden, finde ich. Oder, anders gesagt: So macht die führerlose Erwachsenenbildung richtig Spaß.. Dann gibts noch bestimmte Vorlieben in meinem Leben, die zwar sehr marginal sind, denen aber dann eine Bedeutung zukommt, wenn es um die Motiverkennung in freier fotografischer Wildbahn geht.

2. Ich zum Beispiel finde an Malerei per se nur einzelne Aspekte gut, die weder bestimmte Techniken noch Genres umfassen. Die Vorlieben gelten stets kleineren Themen, Mikroaspekten gewissermassen. So fand ich auf Gemälden schon immer Schlachtenhimmel sehenswert. Also die Art der dramatischen Himmelsgestaltung, die in historischen Bildern oft als Dramatisierungsbooster oder Versinnbildlichung des Grades der emotionalen Aufwühlung Verwendung findet. Immer, wenn ich eine solche grandiose Wolkenbildung am realen Himmel sehe, geht mein Herz auf und ich versuche, diesen Anblick völlig aufzusaugen. Das liegt auch zu einem großen Teil daran, daß diese Naturerscheinungen fantastische abstrakte Gemälde sind, die sich durch Wind, Inversion und Konvektion stetig verändern. Es kann aber auch sein, daß sich bestimmte “Vorarbeiten”, die sich in den Wochen und Monaten vor dem Betätigen des Auslösers abgespielt haben, unabweisbare Voraussetzungen für Fotos werden, zum Beispiel in diesem heutigen Falle:

3. Zuviele Beethoven-Sinfonien oder Bagatellen gehört, zu viele Gemälde des Orients angeguckt, und dann das: Das Wetter macht mit und performt aus Regen und Sonnenschein, Wind und Farben eine Lichtsensation nach der anderen. Und das unfern der Stadt- scheinbar mitten in der Natur, deren Abbildung ja immer zeitlos, symbolbehangen, unpolitisch und unter starkem Romantik- und Kitschverdacht steht. Und ich (nicht ganz) zufällig am Platz. Da kann es gut sein, daß all diese Beschäftigungen & Konstellationen die Intuition zum Anhalten (des Fahrrades) bringt, etwas durch unterbewußte Mustererkennungsprogramme einrastet und der Auslöser betätigt wird.

So kommts, daß ich nun eine achte Postkarten-Serie starte, die Naturaufnahmen im Stadtgebiet thematisiert. Ihr könnt Euch also nun, solange das vollständige Abbild noch nicht auf meinem Showroom zu sehen ist, anhand dieses Bruchstücks mal vorstellen, ob Ihr das neue Bild zuende denken und – TURNERn könnt. Hilfestellung an diesem Barren geben Eugene Fromentin (1820-1876), Charles de Tournemine (1812-1872), Adrien Dauzats (1804-1868) und Claude Lorrain (1600-1684). Allen voran allerdings John Constable (1776- 1837), dessen “Malvern Hall” dem Eindruck am Nächsten kommt..preview Zweigleisigster Doppelkommentar bislang von zweien, die ich, beisammensitzend im Café angetroffen habe: ER: “Wolken, Regenbogen, Fluß, Himmel… naja: Kitsch halt!” – SIE (sich ereifernd): “Das ist doch kein Kitsch, das ist DÜSTER!!”   __________________________________________________________________________ Musik beim Schreiben heute:

Academy Of St Martin In The Fields / Marriner “Sinfonie NR. 40 g-moll KV 550”, Philips, 1970

beim Nachschneiden:

“Pulp Fusion- Original 1970´s Ghetto Funk & Jazz Classics” 1998, Harmless Recordings

Daniel Stelter: “Homebrew Songs” 2009, Herzog Records

Mein kleines Postkarten Dogma

Ludwigshafen, erstes Motiv

Ludwigshafen-auf-postkarten.de erstes Motiv

“Und das haben Sie so aufgenommen? Nicht nochn paar Möwen draufgeschraubt oder so?- Nein? Na, dann ist es super.”

Ein Kommentar vom Profi, das. Wenn man Kameras verkauft heutzutage, weiß man natürlich auch, was nach dem Abdrücken vor Ort später daheim am PC möglich ist. Ich bin aber kein Frickler– das probier ich grad mit anderen Bildern. Mal so spielerisch. Was Postkarten angeht, sehe ich das sehr pur.

Die sollen ja etwas zeigen, was es in realo gibt, oder, was das Licht und das Wetter angeht, für nen flüchtigen Moment Wirklichkeit wurde. Nur so können andere zur spannenden Frage gelangen: Wo und was ist das? Und, um dann vielleicht anstehenden Recherchen nicht im Wege zu stehen beim Rätselraten mit der eigenen Stadt, habe ich mir noch den dogmatischen Passus angeheftet, alles von öffentlich zugänglichen Plätzen aus aufzunehmen.

Und: bislang ist da keinerlei Not zu spüren, daß mit dieser Vorgabe das Material und die Entdeckungsmöglichkeiten ausgehen könnten. Im Gegenteil verspüre ich da eine sehr reizvolle Herausforderung. Man soll sich, Ortskenntnis und/oder Findigkeit vorausgesetzt, vor jedes Motiv hinbewegen können und dieses dann genauso vorfnden. Sollten sich zwischenzeitlich keine baulichen Veränderungen ergeben haben. Aber das ist ein anderes Thema..