Category Archives: Postkarten

PostKar 10 Le Porello 20 20

Fotografisch extrem spannend, wenn sich zwei Arten Mobiliar und Einrichtung mischen: Schöner Wohnen/Neue Heimat und le bureau. Vor allem, wenn in diesem bureau noch historische bureau-Gegenstände zu finden sind wie diese Faltaufbewahrungsbox für Software-CD-ROMs. Die macht mir heute bei scharfkantigen Morgenlicht nicht nur Freude am Grafischen, sondern auch ein neues Startbild der mannheim-auf-postkarten-Seite – war auch mal wieder Zeit, Archiv hin oder her 😉

Hat auch was von ner alten Registrierkasse, n’est-ce pas??

Vorher: das Bild selbst “gefaltet”___________________________________________________________________

Musik beim Schreiben und Frankieren heute:
Deep & Lounge | Deep House Set [Dinner & Drink] Mixed By Johnny M

Adieu, SchneckenPostÄra!

Wer sich ab und zu auf meinem im Schnitt monatlich wechselnden Portfolio-Menue herumdrückt ™ , wird beim neuesten bemerkt haben, daß die Archiv-Rubrik Zuwachs bekommen hat, ein weiteres laufendes Projekt also zu einem “offiziell” zugestandenen* Stillstand auf kreativer Seite gelangt ist: die

Soodlepoodle fotografiert Mannheim Postkarten.

Gestartet im Jahr 2007 durch Anregung von Galeristenseite, entwickelte sich das Ganze unerwartet zu einem recht deutlichen künstlerischen und stadtfotografischen Projekt, das mich nicht nur mit Kamera umherstreifen machte, sondern auch den persönlichen Vertriebsmuskel stärkte, war ich es doch auch höchstpersönlich, der mit Musterkoffer und aufgepeitschter Beredsamkeit 😉 durch die stets zahlreicher werdenden Läden zog, um dort auf ein positives Echo und gar ne weitere klassische brick and mortar-Verkaufsstelle zu stoßen.

 

 

Jetzt, wo das Schneckenmailporto um 33,33% aufgeschlagen hat, man nun seit Juli skandalöse qualitätssichernde 60 europäische Cent auf das berühmte Stück Postpapier applizieren muß, sag ich nur, mit dramatisch-an-die-Stirn-erhobenen-Handrücken™:

das Ende einer Ära!

..rutscht das Versenden papierner Bilder damit nun vollends in die Nische der Retroliebhaber, bekommen die DIN A6-Grüße aus dem Urlaub nun den endgültigen Nimbus des Gestrigen, des Out-of-Datigen. Standard ist schließlich WhatsApp & das Phänomen  Instagram.

Ein Trost jedoch bleibt – bei entsprechend sinkenden Umsatz – ein gutes Dutzend treue Verkaufsstellen blieben! und kürzlich gestiegener HDR- und drohnengestützter Konkurrenz: gaanz viele Mannheimer haben die Karten gar nicht zum Verschicken erworben, sondern zum Sammeln und gar: Aufhängen@home 😉 Und angesichts meiner unentwickelten Halde besteht jederzeit die Möglichkeit bei Investitionsüberschuß, die Phase 2 anzuschließen.

Vielleicht wächst ja durchs Web 3.0, da jedermann (sein eigener) Werbeträger und -produzent ist, ein neues Projekt heran: vielleicht die Serie next der “knienden Prosumenten” vor den most instagrammable Plätzchen Mannheims…:

oder brechen neue Entdeckermöglichkeiten auf, die bislang SchloßgartenInsidern vorbehalten waren: wer kennst schon (im Sinne von already) den Rheinlustfelsen??

*das ist ja immer so ne Sache bei kreativen, langjährig ausgeübten Tätigkeiten, die irgendwann versiegen: es taucht beim Kommunizieren dieser Enden immer die Frage – auch an sich selbst auf: hat man sie zur Neige ausgefahren, durchgetestet, ausgereizt, was eine (damals) frisch entstandene Leidenschaft herzugeben vermochte?

Hier noch ein paar liebgewonnene/vergriffene Vor-Ort-Souvenirs:

 

 

 

 

Als ich das fotografiert hab, wars noch evangelisch..

Am 21. Februar vor fünf Jahren (!)  – ich schreib das immer exaktestens mit – kam das Paket aus der Druckerei. Und hat seitdem ein sehr ruhiges, schachteliges Leben in meinem Postkartenarchiv geführt. Kirchen, das hab ich mittlerweile gelernt, sind auf Postkarten nicht so der Renner hier in der Stadt.Zumindest solange da nix anderes drumrum – oder halt deren Interieur – zu sehen ist, wie beim Motiv Mannheim Serie 05 «le ciel beige», Nummer 3/10 hier links unten.

Oder rechts Kirchturm Martin-Luther-LU-plus-ParkDeckDach (der Rhein-Galerie, rechts).. Vielleicht sollte ich mal die noch fehlenden* fotografisch ausprobieren?

Aber: mach ich ja! Bei der Christuskirche ebenso wie bei der Konkordienkirche schrillt mir immer soo laut die Klischeeklingel – bei jedem neuen dann immer abgeblasenen Versuch! …und die St. Konrad ist nie so passend NASA-mäßig beleuchtet, daß mich das richtig kickt. seufz..

Dabei ist die Trinitatiskirche, fertiggestellt 1959 im Mannheimer Quadrat G4 etwas Besonderes in der Zeit. Sichtbeton und handgefertigte Glasbausteine, gar aus Chartres angekarrt, ergeben mit den sonst recht schmucklosen Außenflächen einen besonderen Reiz, der damals wohl den Beginn einer neuen Zeit präsentierte. Und einige Preise einheimste.

Nach dem stetigen “Verblassen” der dazugehörigen Gemeinde, Leerstand, Personalgemeinde-Status, dem Ringen um Erhalt, Denkmalschutz seit 1994 Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung, diversen nicht weiter verfolgten Neuanfängen in anderer Funktion wird die Kirche 2017 nun endlich&definitv zum Tanzhaus konvertieren. Gerüst steht schon seit gefühlt drei Wochen hab ich gesehen, die Arbeiten laufen. Also kann ich doch parallel auch mal über ne Postkartenmotiv-”Umnutzung” nachdenken (Ähem):

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Offizielle Entwürfe/Infos zur neusten Geschichte(n) gibts auf dem baunetz.de, und nen neuen Namen zur hauseigenen Webseite auch: das eintanzhaus.de

Also wechseln meine Covers hier auf der Postkartenseite die Plätze. Lustigerweise, weil das letzte start-67960012mvvxxmit dem Stadtwerke-Hochhaus nun durch Abschraubung/Logowechsel historisch geworden ist. Und: unscharf und noch nicht richtig historisch.. also nee.. ab ins Archiv, da wird grad ein Platz frei ;-)

Die “alte” Karte könnte nun durch die aktuell vollzogene Umnutzung vielleicht neue Fans finden. Jetzt muß ich nur noch die Ladenbesitzer der Stadt überzeugen, sie bis zur offiziellen Eröffnung in fünf Wochen ins Programm zu nehmen. Endlich.

Hier mein propelleriges Ergebnis: ich hab ziemlich rumgeschnippelt, gedreht, gespiegelt und die Spalten zugekittet, das “Tri” aber behalten ;-)
PS.: Wer sich für den architektonischen Neuanfang Mannheims nach Ende des Zweiten Weltkriegs interessiert, der kann ja mal antiquarisch fahnden (und die Kirche frisch abgeputzt mit damals ebenso brandneuem VW-Kombi vorne dran auf Seite 100 finden) nach “Eine neue Stadt muß her! – Architektur und Städtebau der 50er Jahre in Mannheim”, LUKAS Verlag, ISBN: 3-931836-28-2 ,eine “Sonderveröffentlichung des Stadtarchivs Nr. 25″

– “..ist allerdings sehr rar!” meint Herr Krause  von der Quadratebuchhandlung.

*da sind auch noch weitere 50er-Jahre Gebäude aufgeführt.

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Musik beim Umwidmen heute:

Dzihan & Kamien: “Gran Riserva”, 2002, Couch Records

die Welt im Spiegel

Nicht die ganze, sondern grad mal knappe 10 %. Hab ich grad nachgemessen. Die “restliche” Welt liegt außerhalb, neben und hinter dem Spiegel. Und ergänzt und ergibt das neue Mannheim-auf-Postkarten-Motiv mit v.r.n.l.: NeckarNorduferBebauung, Collinicenter und Fernmeldeturm. Kennt jeder in Mannheim, nur nicht so direkt nebeneinander “aufgestellt”.Mannheim-Serie-04-2-10Aber jetzt: wo gibts diese alles erklärende Balustrade ? Mmh..  die vom Schloß (erste Rückmeldungen zur Karte) kanns nicht sein, denn von dort gesehen läge das Collinicenter knapp rechts von den anderen dreien – womit wir bei der Gewinnspielfrage plus heute wären – siehe unten.

Und somit ist sie vorgestellt: die erste Postkarte, – es ist mein einundfünfzigstes Motiv – bei der ich vom selbstgewählten Dogma der ersten neun Jahre  gleich zwiefach abweiche: zum ersten Mal nicht von öffentlichen Plätzen aufgenommen und dann  nicht nur Vorgefundenes fotografiert,  sondern auch noch nicht nur Mitgebrachtes, sondern gar geplant Aufgestelltes: meinen humble Garderobenspiegel nämlich (hier meine Skizze nach Erstbegehung zur Situationserfassung,  Visualisierung & Ideengewinnung ).

Dieser Spiegel mußte aufs Dach, damit ich mit seiner Hilfe endlich mal die Stadtaufstellung  “korrigieren” konnte.

Eine alte Idee, nicht nur von mir, entsprungen dem Unmut über die unfotogene “Aufstellung” der Stadt. Generell, himmelsrichtungstechnisch und gebäudemäßig untereinander. Das fällt jedem auf, der sich fotografisch längere Zeit mit Mannheim beschäftigt. Irgendwann wünscht man sich die Sonne von der anderen (unmöglichen) Seite, mal die Verrückung eines störenden Elements – meistens Architektur, oft aber auch Bäume und Sträucher, von Kabeln, Masten und “Werbebannern” mal ganz zu schweigen.

Ich hege gar den Verdacht, das ist in fast jeder Stadt so: die Stadtplanung vernachlässigt die Fotogenität – Skandal! ;-)   Zur Bestärkung dieses auf Anhieb merkwürdig anmutenden Unmutes fand ich dann ausgerechnet in der Wettbewerbs-Ausstellung zum Neubau der Kunsthalle Mannheim  im Portfolio des teilnehmenden spanischen Architekten Rafael Moneo den Satz: “Der Wiedererkennungswert eines Ortes ist fast so wichtig wie der Ort selber.” Könnte auch von einem Postkartenfotografen stammen, dachte ich mir beim Lesen (mehr dazu in einem entsprechenden Artikel  vom Mai 2013).

Kurz: das alles hier könnte viel fotogener platziert sein!

  • Prominenteste “Falschaufstellung”: das Schloß: geht strikt nach Norden raus, dieser Ehrenhof und damit hat man immer: Schatten. Auf jedem Schloßfoto also: ungleichmäßige Beleuchtung, die immer und immer das Bild der abzubildenden Symmetrie, der Standardvorgabe als “Kartograf” unterläuft und ein Gefühl des Nichterreichens erzeugt. Es sei denn, man erwischt in der blauen Stunde eine solch genial ebenmäßige “Un”beleuchtung wie Annette Schrimpf.
  • Prominenteste “Fantasieaufstellung”: das MVV-Plakat von Ralf Hackeland c/o pozzi.de – MANNHEIM ALS SPIELZEUGSTADT – das hat mir sehr gefallen und meinem Unterbewußten anscheinend ;-) ebenfalls.
  • mein derzeitiger Lieblingszukunftsstadtblick – nämlich der von oben, per Drohne aufgenommen: Philip Hoheisel steuert seine frühe-Vogel-Kamera knapp überm Lindenhof. Ob das allerdings ein Markt für klassische Postkarten werden kann, wird man  abwarten müssen. “Ansicht” gewiß, aber nachvollziehbar für die Lieben daheim? “Da unten stand ich frühmorgens an Gleis 1″? Oder als DigitalSouvenir tauglich, so mit “den besten Stellen angekreuzt“?

Und das mit dem Spiegel fand ich ausprobierenswert. Keine Fotomontage, sondern eine fotografierte “Montage”, die auf der immer unsichtbarer werdenden Grenze von “gemacht” und “das gibts so” versucht, ihren Platz zu finden. Denn klar weiß auch ich, daß fast “alles geht”, trotzdem bin ich noch gefühlt ewig davon weg, Euch in meiner Abteilung Postkarte, deren Authentizitätsdogma ich fast so ernst nehme wie die Jury des World Press Photo Awards ihre Arbeit hier irgendeine zusammengepusselte Stadtfantasie druckfertig zu präsentieren. Eher versuche ich, so modern wie (mir!) möglich zu sein-  will heißen: so gedankenlos und nur auf den SchauWert/Effekt bedacht wie mein .. bilderhungrigster anzunehmender User.. auf neue Ideen zu kommen.

Daß dabei die Gefahr besteht, daß ich irgendwann an das Klischee vom Ideal der allen gefallenden Karte herantreibe, kommt mir ob meiner eingefleischten, durchtrainierten und sehr gut funktionierenden Klischeeklingel – ich guck einfach zuviele Bilder – sehr unwahrscheinlich vor. Und außerdem habe ich ja Euch als Regulanz (Beispiel Axel S.:”Bääh – diese Karte sieht ja aus wie “offiziell”)!

Alla hopp: Monnemkenner vor! Gewinnt zehn mal ein 10er Set Mannheim-auf-Postkarten nach Wahl!

Wer bis zum 31. Oktober des Jahres an gewinnspiel[ät]mannheim-auf-postkarten.de den korrekten Namen des Mannheimer Gebäudes mailt, nimmt an der Verlosung unter Ausschluß des Rechtsweges dieser zehn Sets im praktischen, signierten Geschenkschuber teil. Kreuzworträtseltipp: dieses historische Gebäude hat einen aus 9 Buchstaben bestehenden Eigennamen.

Viel Glück!

Postskri. P. Tum: Und ob es nun die Frage ist, ob das denn nun Mannheim ist (pur, echt, typisch etc.), ob man das arrangieren darf, wem das denn gefallen mag..

Austesten! Ich bin damit glücklich!

Denn NATÜRLICH ist das Mannheim – a) wo sollen diese Silhouetten denn sonst sein – und b) das Arrangieren mit Spiegel find ich, öffnet Türen, macht wach für die unentdeckten Möglichkeiten der Stadt, könnte eine neue Sportart auf instagram werden, so wie zum Beispiel #asenseofperspective, #faces_in_things, #wersolchehaushaltshilfenhatetc oder das noch, äh, kleine #mirrorcity..

Weitere großartige, den Tellerand aufbohrende Spiegelei fand ich im Werk von Barbara Kasten *1936 und in der grandiose motion picture timelapse Version von Michael Shainblum (den schätze ich so *1986 ca.).

Mir auf jeden Fall bleibt außer den Karten ein unretuschierbares Souvenir der undigitalen Art en plus:

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Das hat nun nen doppelten Ehrenplatz: eine Windböe nämlich brachte den nur provisorisch mit Mineralwassersixpacks “senkrechtierten” Spiegel irgendwann zu einem langsamen, aber unerreichbaren Kippen. Da half: flugs ein Foto des Wurfs machen, die beiden großen Reststücke einpacken.. und glücklich sein, daß das Foto im Kasten war.

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Musik beim Schreiben heute:

Dinah Washington: “Destination Moon” (Soundtrack zu obigem #wersolchehaushaltshilfenhatetc-Link)

Stereolab: “Dots And Loops”, 1997, Duophonic

various artists: “Artificial Intelligence II”, WARP 1994

Just Jack: “Overtones” , Mercury, 2007

Donald Fagen: “Sunken Condos”, Reprise, 2012

Des könnt´ ja überall sein! – die Mannheimer Kriterien

Pompeo Batoni (1708-1787) ist der Erfinder des Touristenporträts.” – so ein schöner Satz! Da steckt so viel drin! Und ein Künstlername, der nichts zu wünschen übrig läßt! Und dazu auch noch echt! Weiter heißt es zu unsrer Erhellung: “Er entwickelte diesen Porträttyp für englische Touristen in Rom” und weiter “..Es verbindet gesellschaftliche Attribute und Souvenir-Darstellungen.”Diese Touristen kommen auch  irgendwann ins Spiel, wenn man wie ich “in Postkarten” macht. Nicht nur als Käufer- das natürlich hoffentlich auch-, sondern in der Argumentation hinsichtlich der Gestaltung dieser Karten. Ansichtskartenkäufer und das-Schielen-auf sie als Zielgruppe nehmen  bemerkenswerten Einfluß auf ihre Verbeitung (oder Nichtverbreitung) in den Läden der Stadt. Das ist keine leicht dahingegtippte Theorie, sondern meine Erfahrung im Selbstvertrieb nach fünf Jahren (!)

Wir sind hier für Touristen, und wenn wir denen immer erklären müßten, daß das der Wasserturm (das Wahrzeichen Mannheims) gespiegelt ist- also, nää!” (2007) oder, etwas konstruktiver, pädagogisch- und empathischer die Erklärung

Touristen wollen ein Dokument. Eine Karte, die das zeigt, was man sieht, wenn man direkt davorsteht. Um sagen/schreiben zu können: DA war ich.” (2012)

Das sind Sätze, die ich zum Thema Motivauswahl und -gestaltung schon in all ihrer Deutlichkeit vernehmen durfte. Eine nicht mal leise Forderung nach Souvenir-Qualitäten der Karten, die ich da durchhöre. Überraschenderweise ein Attribut, das ich – ich gebe es hiermit gerne zu- bislang noch gar nicht in Betracht zog, so sehr war ich mit rein Ästhetischem beschäftigt.. Als slogan-ähnliches Händler-Feedback Nummer Eins zur Kompatibilität mit dem global mitmächtigsten Wirtschaftszweig allerdings habe ich als Titelzeile gesetzt- “Des könnt´ ja überall sein!” Eine häufige Reaktion, wenn es um Bilder wie diese geht:  alt= Allen diesen Argumenten stehe ich verständnisvoll gegenüber, wittere jedoch eine nicht nur ästhetische Sackgasse in ihnen. In dieser angelangt, wären nämlich nur noch jedermann auffallende Bauten, professionell gestaltete Gartenanlagen, meinetwegen auch Plätze, Alleen und natürlich Blumen-vor-Wahrzeichen als Motive für Postkarten erlaubt. Mannheim und Ludwigshafen bieten aber unendlich mehr- zumal das Aufkommen von Architektur des Kalibers Bilbao-Effekt eher als in den Anfängen zu bezeichnen wäre. In der Ausstellung zum Neubau der Kunsthalle Mannheim las ich im Portfolio des spanischen Architekten Rafael Moneo den Satz: “Der Wiedererkennungswert eines Ortes ist fast so wichtig wie der Ort selber.” Könnte auch von einem Postkartenfotografen stammen, dachte ich mir beim Lesen.  alt= Kunstobjekte im öffentlichen Raum spielen für mich und meine Auffassung von der Unverwechselbarkeit eines Ortes eine ebenso große Rolle: alles, was einen Raum einzigartig werden läßt- und gerne dazu noch fotogen ist, kommt mir da sehr entgegen ;-) .

Als schlagendes Beispiel der Kategorie Bescheidenheit der Mittel PLUS Erfindungskraft sei hier Carhenge erwähnt: 38 grau lackierte Automobil-Oldtimer, die 1987 an entlegendster Stelle im US-amerikanischen Acker Nebraskas eingegraben wurden und nach knapp zwanzig Jahren Bestehen (!) im Jahre 2006 die Einrichtung eines Touristenzentrums.. erlaubten! Und im November 2015 (Nachtrag vom 27.9.2016) fand diese Idee/dieses Bild gar malerisch-dahingewelkt im Computerspiel Fallout seinen Niederschlag.

Nun läßt sich weiterhin natürlich vortrefflich darüber streiten, was Touristen wollen– ich sehe mich da nicht zu sehr in der Rolle des Erfüllers von vorgeahnten Wünschen eines Stereotypen- ein Minenfeld an irrigen Annahmen, wie ich finde- ich sehe die Postkartenmacherei eher als Beitrag zur Dehnung der Begriffe. Der Begriffe “Ansichtskarte”, der Vorstellung, was denn nun an der Gegend, Stadt, an genau diesem Bauwerk etc. reizvoll ist und: für wen. Und arbeite dadurch gewissermaßen an der Loslösung von einem platten Touristenbegriff.

Daß ich in einer Gegend großgeworden bin, in der Tourismus eine entscheidende Rolle im Wirtschaftsleben spielt, läßt mich hier doch recht milde-nachsichtiger mit dem Begriff -und dem Anschmiegen der Motive an so etwas doch Ehrgeiziges wie- Stadt-Tourismus umgehen.. Und: letzten Endes sind es doch immer wieder Bilder, die mir -auch in der Eigenschaft als Einwohner- gefallen müssen, da beißt die Maus Null Faden ab. Daß parallel auch die Mannheimer/Ludwigshafener ungewohnte=neue Blicke auf ihre Stadt zu schätzen wissen, ist ein sehr erfreuliche Art von Applaus, den ich bislang kennenlernen durfte & der mich in der Gewissheit bestärkt, genau da weiterzumachen ;-) Deshalb würde ich das allgemeine Motto und den munter fortbestehenden Willen zu immer neuen Ansichten in DIN A6 eher so zusammenfassen:

Das alles kann Mannheim (oder Ludwigshafen) sein!

mannheim-auf-postkarten.deludwigshafen-auf-postkarten.de ______________________________________________________________

Musik beim Schreiben heute: Cheb Mami: “Dellali”, Virgin France, 2001

der Schwarzwald bekommt eine Postkarte

Nicht, daß ich das Leben mit frischer Luft je irgendwie unpassend gefunden hätte; es zog mich Landei aber mit zunehmendem Alter immer mehr in die Stadt. Trotzdem schätze ich ab und zu eine Fahrt mit der Eisenbahn durch Tunnels, über Viadukte inmitten einer wettergebeutelten, zum Teil schroff-felsigen Natur sehr. Und habe schon immer meine Kamera auf die vielfältigen Phänomene dieser Gegend zu richten geliebt. Aus dieser Zeit weiß ich auch, und das schon viel früher als ich es mit Stadtmotiven entdeckte, um das auch hier lauernde Klischeefallentier.

Nichtsdestotrotz kann man seinem -im Gegensatz zu Klischees- lebendigen Gefühl folgen und entdecken, welche Motive einen ansprechen, welche Anblicke Faszination auszulösen vermögen. Und irgendwann mußte es ja auch so kommen: nach einem Vierteljahrhundert Leben in der Stadt gelingt bei einem Trip in die “erste” Heimat, dem Nördlichen Schwarzwald, (nicht nur) diese Aufnahme: Zarte Farben und sanfte Übergänge, das Fehlen eines Hauptgegenstandes. Stattdessen: musterhafte Schichtungen, ein Gefühl der Weite, Entrücktheit, gar: Himmelsnähe. Das Wetter spielt(e) hier noch mehr die Hauptrolle als bei den Stadtmotiven. Und, sehr befreiend nach all der ununterbrochenen Stadtleberei: ein fast völliges Fehlenlassenkönnen zivilisatorischer Spuren, eine wahre Wohltat für mein fotografisch manchmal auf Urbanes allzu festgefressenes Auge.

An diesem Bild schätze ich, daß nach all den Bildern von Mannheim und Ludwigshafen, auf denen ich immer bemüht war, Stadt-typisches unterzubringen, es jetzt beim neuen Thema Schwarzwald um reine Naturerscheinungen gehen darf, deren Lokalisierbarkeit, dessen Zuordnungspotenzial weiter gefaßt sein darf. Es zählt weniger das einzelne, klar erkennbare Landmark, eher liegt die Betonung auf dem Wesen der Gegend als solche, das ins Bild gesetzte Gefühl, das diese auslösen kann. Nach dem kleinen Ausflug in die Landschaftsfotografie, der letzten Sommer mit dem ersten Motiv der achten Mannheim Serie seinen Niederschlag als Postkarte fand, geriet diese Art der der Malerei des 18. Jahrhunderts verwandten Darstellung von Natur in das Gesichtsfeld meines fotografischen Interesses. Und ich fragte mich, ob ein Ähnliches wieder gelingen könnte.

Es gelang. Rund tausend Meter über Normalnull an einem galaktisch zu nennenden Novembernachmittag noch über der Schwarzwaldhochstrasse. Jetzt bleibt abzuwarten, entsprechende Promo-Bewegungen zur Bekanntheitsgewinnung vorausgesetzt, ob sich vorort jemand finden läßt, dem diese Aufnahme(n) ein willkommenes Neues sein können. Das Internet und der klassische Postweg könnten es möglich machen- ich bin schon sehr gespannt. Ein neues Kapitel ist somit aufgeschlagen- tja: so weit wirkt das Zustandekommen eines einzelnen Bildes.

Und ich finde mich damit wieder in einer neuen, emotional durchwachsenen Situation zwischen fotografisch-kreativen Ansporn, dem Ruf der Herausforderung der anschließenden Distribution, so etwas wie Prüfungsangst und, oh Wunder- der Findung zweier neuer völlig anders gelagerter, befreiender Themen: Dreht es sich nämlich um a) die Entdeckung des Spiegelbildes des gegenüberliegenden Ausblickes in der S Bahn, ein fotografisches Action Painting Abenteuer der eben nur schier unvorhersagbaren Art und b) um ein schon sich langsam abzeichnendes neues faszinierendes Fotothema: Makroaufzeichnungen innerstädtischer Architektur und Städtebaus.

Details des zeitgenössischen Gestaltens der unmittelbaren Lebensumgebung, direkt vor und mit der eigenen Haustür. Gefühlt eine Mission zwischen den Bilderserien der Bechers und dem Bildband von Jan Weiler und Rainer Sülflow. Bei dieser Kombination aus Pflicht und Kür fällt mir das Zustandekommen eines meiner Lieblingsfilme ein, des wunderbaren “Chungking Express´” von Wong Kar-Wai, der ursprünglich als befreiende “Pausengestaltung” inmitten des wahrhaft martialischen Monumentalwerkes Ashes Of Time mehr oder weniger improvisiert wurde. Und wahrscheinlich genau durch diese komplementäre Art der Kreation seine unvergleichliche Leichtigkeit gewann.

Wie indes diese frisch begonnene Wiederaufnahme der Naturfotografiererei weitergeht- ich weiß es nicht. Und bin selbst gespannt. Vergangenes Wochenende bei Tiefsttemperaturen auf Glitzerschnee gelangen vor Ort weitere, schon beim Aufnehmen faszinierende Bilder, die noch zu entwickeln und postkardial zu gewichten sind. Ob da die Farbübergänge im Bokeh von Makroaufnahmen der Flora als Entscheidungskriterium überwiegen oder ob es eine Rückkehr zu den Wahrzeichen-im-umgenähten-Gewand geben wird- wir werden es sehen. So bleibt mir vorerst keine schnelle Antwort auf die jüngst an mich gerichtete Frage, die ich eher als Ermutigung sehe denn als Anforderung einer Selbstverortung: “Bist Du jetzt Landschaftsmaler?”

__________________________________________________________________________ Musik beim Schreiben heute:

Daniel Stelter: “Homebrew Songs” 2009, Herzog Records

Daniel Stelter: “Krikel Krakel” 2012, Herzog Records

various artists: “Pulp Fusion- Return To The Tough Side” 1998 Harmless Recordings

200 Jahre zu spät!

1. Reisen bildet, sagt man. Ich habe herausgefunden, daß schon Fotografieren bildet. Mich in meinem Falle einfach dadurch, daß ich etwas als fotogen identifiziere, selbstredend flugs die Kamera draufhalte so anbei, und sich später oft Fragen einstellen, die weiterführen. Und zwar ganz woanders hin, weg vom nerdigen Fotografen-TechTalk zu so was Willkommeneren wie Geschichte, Biografien berühmter Zeitgenossen, künstlerische Techniken, Fragen der Geografie. Sprich: hin zu the funky Allgemeinbildung.

Im neuesten Postkartenfalle hab ich en route erfahren, daß zum Beispiel Napoleon Bonaparte die besten Maler beauftragte, seine größten Triumphe größtmöglich in Öl zu verwirklichen à la Tue Gutes und rahme es in den großen Salons zuhause in Paris schön ein. Mehr zu diesem speziellen Triumph auf Wikipedia. Trivia: Im Roman Krieg und Frieden liefert Lew Tolstoi eine ausführliche Schilderung eben dieser Schlacht. Wow- was da wieder mal zusammenhängt.. Oder, daß “In der früheren DDR Caspar David Friedrich nicht in vollem Umfang gewürdigt wurde, weil er sich “lediglich der Landschaftsmalerei verschrieben hatte” und sich seine Gemälde nicht für die sozialistische Ideologie mißbrauchen ließen”.

Oder ich ertappe mich dabei, Begriffe wie die Sepiamalerei nachzuschlagen, nachdem ich diesen verdunkelnden Effekt mal mit der Digitalen Hand nachvollziehe und dann per Wikipedia über diverse Künstlerbiografien darauf stoße. Auch eine Erwähnung wert, finde ich die “Meldung”, daß das Spätwerk William Turners einem Augenarzt nur mit einer Sehschwäche erklärbar schien- “Bemerkenswert an Liebreichs (besagter Arzt) Überlegungen ist der Umstand, dass Turners Malweise ihm so beispiellos erschien, dass eine Deutung nach rein künstlerischen Maßstäben hier offenbar nicht mehr in Frage kam.“- Da kann ich nur erstaunt anmerken: Holla, Ihr Maler- aufgepaßt! Das ist alles wunderbar anregend, um nicht den Begriff fruchtbar zu verwenden, finde ich. Oder, anders gesagt: So macht die führerlose Erwachsenenbildung richtig Spaß.. Dann gibts noch bestimmte Vorlieben in meinem Leben, die zwar sehr marginal sind, denen aber dann eine Bedeutung zukommt, wenn es um die Motiverkennung in freier fotografischer Wildbahn geht.

2. Ich zum Beispiel finde an Malerei per se nur einzelne Aspekte gut, die weder bestimmte Techniken noch Genres umfassen. Die Vorlieben gelten stets kleineren Themen, Mikroaspekten gewissermassen. So fand ich auf Gemälden schon immer Schlachtenhimmel sehenswert. Also die Art der dramatischen Himmelsgestaltung, die in historischen Bildern oft als Dramatisierungsbooster oder Versinnbildlichung des Grades der emotionalen Aufwühlung Verwendung findet. Immer, wenn ich eine solche grandiose Wolkenbildung am realen Himmel sehe, geht mein Herz auf und ich versuche, diesen Anblick völlig aufzusaugen. Das liegt auch zu einem großen Teil daran, daß diese Naturerscheinungen fantastische abstrakte Gemälde sind, die sich durch Wind, Inversion und Konvektion stetig verändern. Es kann aber auch sein, daß sich bestimmte “Vorarbeiten”, die sich in den Wochen und Monaten vor dem Betätigen des Auslösers abgespielt haben, unabweisbare Voraussetzungen für Fotos werden, zum Beispiel in diesem heutigen Falle:

3. Zuviele Beethoven-Sinfonien oder Bagatellen gehört, zu viele Gemälde des Orients angeguckt, und dann das: Das Wetter macht mit und performt aus Regen und Sonnenschein, Wind und Farben eine Lichtsensation nach der anderen. Und das unfern der Stadt- scheinbar mitten in der Natur, deren Abbildung ja immer zeitlos, symbolbehangen, unpolitisch und unter starkem Romantik- und Kitschverdacht steht. Und ich (nicht ganz) zufällig am Platz. Da kann es gut sein, daß all diese Beschäftigungen & Konstellationen die Intuition zum Anhalten (des Fahrrades) bringt, etwas durch unterbewußte Mustererkennungsprogramme einrastet und der Auslöser betätigt wird.

So kommts, daß ich nun eine achte Postkarten-Serie starte, die Naturaufnahmen im Stadtgebiet thematisiert. Ihr könnt Euch also nun, solange das vollständige Abbild noch nicht auf meinem Showroom zu sehen ist, anhand dieses Bruchstücks mal vorstellen, ob Ihr das neue Bild zuende denken und – TURNERn könnt. Hilfestellung an diesem Barren geben Eugene Fromentin (1820-1876), Charles de Tournemine (1812-1872), Adrien Dauzats (1804-1868) und Claude Lorrain (1600-1684). Allen voran allerdings John Constable (1776- 1837), dessen “Malvern Hall” dem Eindruck am Nächsten kommt..preview Zweigleisigster Doppelkommentar bislang von zweien, die ich, beisammensitzend im Café angetroffen habe: ER: “Wolken, Regenbogen, Fluß, Himmel… naja: Kitsch halt!” – SIE (sich ereifernd): “Das ist doch kein Kitsch, das ist DÜSTER!!”   __________________________________________________________________________ Musik beim Schreiben heute:

Academy Of St Martin In The Fields / Marriner “Sinfonie NR. 40 g-moll KV 550”, Philips, 1970

beim Nachschneiden:

“Pulp Fusion- Original 1970´s Ghetto Funk & Jazz Classics” 1998, Harmless Recordings

Daniel Stelter: “Homebrew Songs” 2009, Herzog Records

The Wrong Time Gallery – Postkartenmotive zum falschen Zeitpunkt aufnehmen

“Richtige Nummer- falscher Zeitpunkt!” so lautet die Ansage auf dem AB eines Freundes und trifft das Phänomen exakt, wenn man, unterwegs, an den Örtlichkeiten vorbeikommt, die schon Modell für Postkarten “gestanden” haben, nun aber komplett verändert aussehen.

Einfach dadurch, daß die Lichtverhältnisse, Farben oder Jahreszeiten gewechselt haben. Auf diese Weise entstellt, fallen diese Motive als solche überhaupt nicht mehr ins fotografische Auge, ja, sind fast immer durch eben das “falsche” Licht ihrer fotogenen Qualität schlicht beraubt. Interessanterweise aber nicht vollständig. Nachdem mir das an diversen Plätzen und zu Tageszeiten mit komplett anderer Beleuchtungsrichtung aufgefallen ist, habe ich irgendwann angefangen, ein paar Motive unter Vorlage des “Originals” nachzuschießen, um den exakt gleichen Blickwinkel und Bildausschnitt zu reproduzieren.

Dabei kamen interessante Dinge zum Vorschein: -Die Proportionen der einzelnen Elemente im Bild bleiben ja gleich, allerdings tun Flora, Personal im Bild und Licht das ihrige, um ein völlig neues Bild entstehen zu lassen. Die ursprüngliche Wirkung verschwindet, aber eben nicht ganz. Ein neues Betätigungsfeld tut sich auf, wenn man diese Erkenntnis seriell fortsetzt und mehrere Bilder in zeitlichen Abstand folgen läßt. -Man sieht diese Variablen plötzlich wirklich als solche und kann sich an anderen Stellen der Stadt, wo man auf “interessant riechende” Motive gestoßen ist, plötzlich vorstellen, unter welchen Lichtbedingungen diese das Optimum erreichen würden.

Somit hilft die wrong time gallery der Imaginationskraft kräftig auf die Sprünge. Und das von einer Seite, die man nicht mal für existent gehalten hätte. -die Revision schon postalisch abgehakter Örtlichkeiten gewinnt dadurch an Faszination und erscheint plötzlich einer erneuten Betrachtung wert.

Spannend finde ich die Vorstellung, zu einem anderen Zeitpunkt von gleichen Motiv eine ebenso ästhetisch wertige Aufnahme zu erzielen wie die der “Vorlage”. Was bislang noch nicht der Fall ist und ich mich mit der ebenbürtigen Herausforderung für die geplante Serie 07, der klassisch “verflixten” mit der Aufgabe anfreunde, die Motive der ersten Serie erneut aufs Korn zu nehmen. Immerhin sind zwei Treffer schon im Kasten..

Fazit: die Erde mit diesem Fleckchen Stadt dreht sich immer neu und eben nicht ewig gleich weiter und gebiert an den unwahrscheinlichsten Orten, die man zigmal achtlos durchstreift hat neue Sensationen, die es wert sind, festgehalten zu werden. Sollte man da gerade mit Kamera vorbeigekommen sein. Mal von der Tatsache ganz abgesehen, daß sich Fotografenblicke über die Zeit ebenso verändern und dadurch eine dritte Dimension der fotografischen Möglichkeiten hinzukommt.

__________________________________________________________________________ Musik beim Schreiben heute:

Madrid de los Austrias “Mas Amor!”, Sunshine Enterprises, 2009

Tamba 4 “We And The Sea”, Verve, 1967

The Postkarten Casting Show

Die Zielsetzung, eine Stadt zu fotografieren, gebiert erwartungsgemäß eine Agenda: Kenntnis ihrer gewinnen, Kenntnis der schon vorhandenen, veröffentlichten Bilder, und, davon ausgehend: Entwicklung einer persönlichen Motivgewinnung, der fotografischen Annäherung und anschließende erfolgreiche Entscheidungsfindung. Mit dem Plan, Postkarten der Stadt, in der man lebt, zu machen, hat man oh Schreck das selbstgewählte Los an der Backe, daß jedes Bild für sich Einzelkämpfer sein muß.

Ganz im Gegensatz zu Serien in Galerien oder gar Fotos in gleichnamigen Büchern. Denn: verkaufen sollen sie sich, und niemand gibt auch nur 10 Cent für ein Bild aus, das nicht anspricht, also: nix taugt. Beide, Motivgewinnung und Entscheidungsfindung haben einen

gemeinsamen Berührungspunkt: den Übergang zwischen Tat und Idee.

Damit die fotografische Tat Sinn macht für mich, muß, als Vorbereitung gewissermaßen, Geschmack und Erfahrung vorhanden sein- das ist die meiste und unterschätzteste “Arbeit”, bevor man zur Kamera greifen und die Wohnung verlassen sollte. Also gilt: viele, viele, viele Bilder anschauen. Die müssen auch nicht mal direkt mit dem gewählten Thema zu tun haben.Es geht darum, Gutes selbst erkennen zu lernen.

Das Internet ist hierfür ideal geeignet. Jedweder Idee, Künstlernamen oder Stilrichtung kann augenblicklich nachgegangen und Anschauung hergestellt werden. Ich zum Beispiel bin momentan fasziniert von den Bildern in einem kürzlich erworbenen Buch namens “Orientalismus”. Da gibts Gemälde von Ingres, Prosper Marilhat oder Alberto Pasini drin, die mich ob ihrer Qualität, was Lichtführung, Realitätstreue oder Bildaufbau angeht – alles natürlich auch fotografisch anzustreben- völlig begeistern. Doch zurück zur Motivgewinnung/Entscheidungsfindung. Nachdem man lange genug um zum Beispiel das Wahrzeichen der Stadt (als Einsteiger zum Warmwerden) herumgesnoopt hat, mag man die zwei unten abgebildeten geometrischen Antipoden gefunden haben und nun, da die Motivgewinnung im ersten Schritt erledigt ist, sich nun mit Probeaufnahmen um die Verwirklichung des angestrebten Kartenmotivs kümmern. Wir hätten da heute drei exemplarische Kandidaten und versetzen uns zum Zwecke der Entscheidungsfindung an die Jury-Position Abteilung gnadenlos, aber gerecht. Nummer eins auf der C-Couch:

Ein dreifarbiger Abendhimmel, Gegenlicht, griffige Silhouetten- wunderbare Bauteile! Nur ist das Bildgleichgewicht leider nicht vorhanden- zugunsten der winzigen Figur, die nur Einheimische einordnen können unten links, wird auf die essentielle Balance im Gesamten- ob ausgewogen oder unter Spannung- komplett verzichtet.

Solch eine Himmelsfärbung ist, obwohl fotogen, leider schon zu sehr in die Klischeefalle eingebettet, so daß sie nur in extrem gut (wolken-)gestylten Fällen Verwendung finden sollte. Zudem ist der Helligkeitsübergang von links- hell nach rechts-dämmerig ebenso wie die Lage der Protagonisten geeignet, das grafische Ungleichgewicht zu verstärken:

der Kreis, eigentlich ein Rad von Künstlerhand, und das Stadtwahrzeichen Mannheims, der Turm, stehen im Bildrahmen unglücklich/unentschieden weit auseinander und zu weit rechts, wirken dadurch beziehungslos und etwas verloren, obwohl sich ihre Umrisse eigentlich sehr gut ergänzen. Aber: unregelmäßiger=störender Rad”stand”, überflüssige, das heißt, die Silhouetten störende Bäume und ein im Dunklen versinkender, halber Turm-

ein völliges No-Go. Also: out! Nächster Kandidat:

Andere Größenverhältnisse: das “kleinere” Rad wird nun durch perspektivische Verzerrung “aufgeblasen”- ein guter, da verwirrender Effekt- die realen Dimensionen beginnen, sich aufzulösen, dem Betrachter nicht mehr fassbar zu sein. Pluspunkt weiterhin:

beide Umrisse ergänzen sich nun mehr, erzeugen die angestrebte Balance, da sie auch vom optischen Gewicht und ihrer Lage zueinander in einer fotogeneren Beziehung stehen: der in der Luft schweben zu scheinende Turm in seiner Lage zum Rad auf seinem Sockel: ok. Auch sehr gut, da dramatisierend:

die Lichtüberstrahlungen im Innenkreis, ebenso das leuchtende Wasser der Fontäne. Das Pärchen addiert eine romantische Note, setzt (allerdings) auch den menschlichen Größenmaßstab ins Bild. Nun sind aber leider zu viele Elemente auf dem Rechteck des Bildes versammelt. Zudem gibt es einige störende Details, die auch dieses Bild wieder ausscheiden lassen:

Die Fontäne müßte vollständig lichtdurchflutet sein, die Wolkenzeichung könnte das Motiv besser unterstützen umrahmen, betonen. Was sie leider nicht macht. Schade, schade, aber: weg damit. Immerhin kann man, wenn man sich der “Lösung” schon recht nahe fühlt, diese Konstellation im Hinterkopf behalten. Vielleicht ergibt sich eines Tages die optimale Zusammenstellung:

der Himmel spielt mit, das Gegenlicht vergoldet zum Beispiel auch noch das Pärchen, oder gar unerwartete Blendenflecke eliminieren alles bislang Störende. Ja, ich weiß: Zeit für Regisseure, Beleuchter und die computergestütze Bilderzeugung. Und ade Postkartenfotografie, die ja per se realitätsnah sein muß.. Also wieder nix. Schlußendlich öffnete sich dank Klischeeüberdruß und daraus sich ergebender Experimentierfreude noch unverhofft die Tür mit der Aufschrift “out of focus”- eine also schon im Augenblick der fotografischen Aufzeichnung absichtlich unscharf gestellte Optik und brachte das Gewünschte: Zufriedenheit UND Rätselhaftigkeit auf einem Bild:

Turm und Rad sind wieder auseinandergerückt, beherrschen mit Himmelhell oben und ErdDunkel unten aber komplett das Bild in ausgewogener Beziehung. Details sind größenordnungs- oder helligkeitsmäßig zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft oder fügen sich unmerklich suggerierend in den Untergrund. Ein paar dunkle Wolkenschleier dazu- unsere Protagonisten wirken nun plötzlich, als seien sie in freier Natur, nur umgeben von Wald, Wetter und Feld, vielleicht in einem abgelegenen Skulpturengarten aufgestellt. Und nicht an einem der zentralen Plätze mitten in dieser 300.000 Einwohner Stadt, der für seine Jugendstilausführung bekannt ist.

Postskriptum: wie man an der Wetterlage erkennen kann, sind zur Motivgewinnung fast immer mehrere, zeitlich oft weit auseinanderliegende Aufnahmen vonnöten. Dieser Aufgabe sieht man sich IMMER gegenüber, wenn man ein bestimmtes Motiv in der Sammlung haben will. Aber es gibt natürlich auch Zufallsfunde. Darauf komme ich später zurück.

__________________________________________________________________________ Musik beim Schreiben heute:

Savvas Ysatis “select”, Tresor (EFA), 2001

Yukio Yokoyama: “Beethoven Bagatellen” Sony/BMG 2007

Mein kleines Postkarten Dogma

Ludwigshafen, erstes Motiv

Ludwigshafen-auf-postkarten.de erstes Motiv

“Und das haben Sie so aufgenommen? Nicht nochn paar Möwen draufgeschraubt oder so?- Nein? Na, dann ist es super.”

Ein Kommentar vom Profi, das. Wenn man Kameras verkauft heutzutage, weiß man natürlich auch, was nach dem Abdrücken vor Ort später daheim am PC möglich ist. Ich bin aber kein Frickler– das probier ich grad mit anderen Bildern. Mal so spielerisch. Was Postkarten angeht, sehe ich das sehr pur.

Die sollen ja etwas zeigen, was es in realo gibt, oder, was das Licht und das Wetter angeht, für nen flüchtigen Moment Wirklichkeit wurde. Nur so können andere zur spannenden Frage gelangen: Wo und was ist das? Und, um dann vielleicht anstehenden Recherchen nicht im Wege zu stehen beim Rätselraten mit der eigenen Stadt, habe ich mir noch den dogmatischen Passus angeheftet, alles von öffentlich zugänglichen Plätzen aus aufzunehmen.

Und: bislang ist da keinerlei Not zu spüren, daß mit dieser Vorgabe das Material und die Entdeckungsmöglichkeiten ausgehen könnten. Im Gegenteil verspüre ich da eine sehr reizvolle Herausforderung. Man soll sich, Ortskenntnis und/oder Findigkeit vorausgesetzt, vor jedes Motiv hinbewegen können und dieses dann genauso vorfnden. Sollten sich zwischenzeitlich keine baulichen Veränderungen ergeben haben. Aber das ist ein anderes Thema..